Wichtiger Grund für fristlose Kündigung: Fahrpreis kassiert, Ticket nicht ausgegeben
Dem Arbeitnehmer darf fristlos nur gekündigt werden, wenn ein sog. wichtiger Grund vorliegt. Vorher muss der Arbeitgeber in der Regel eine Abmahnung erteilt haben. Eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung ist nur in Ausnahmefällen zulässig
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hat am 16. August 2018 entschieden, eine fristlose Kündigung sei gerechtfertigt, wenn ein Busfahrer den Fahrpreis kassiert, ohne ein Ticket auszugeben.
Zum Hintergrund: Fristlose Kündigung
Nur in wenigen Fällen kann ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer fristlos kündigen und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfrist beenden Es muss ein wichtiger Grund vorliegen, welcher das Abwarten der Kündigungsfrist unzumutbar macht. Ein solcher Grund liegt bei erheblichen und schuldhaften Pflichtverstößen des Arbeitnehmers vor. Es darf zudem kein milderes Mittel verfügbar sein, um die Kündigung abzuwenden; in der Praxis geht es hier meist um eine vorherige Abmahnung. Zudem ist eine fristlose Kündigung nur gerechtfertigt, wenn das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes überwiegt.
Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer fristlos kündigen.
Die Kündigung muss der Arbeitgeber dann innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung der maßgeblichen Umstände aussprechen.
Von den Gerichten wurde zum Beispiel in den folgenden Fällen davon ausgegangen, dass ein wichtiger Grund anzunehmen sei:
- Nicht genehmigter Spontanurlaub des Arbeitnehmers
- Diebstahl am Arbeitsplatz
- Unter Umständen ein ausländerfeindlicher Facebook-Post
- Heimliche Tonaufnahmen eines Personalgesprächs
- Ein dem Arbeitgeber angedrohter Selbstmord
- Die Beteiligung an einem Konkurrenzunternehmen
Zum Sachverhalt: Wichtiger Grund liegt vor
Im vorliegenden Fall hatte sich ein Fahrgast bei der BVG (Berliner Verkehrsbetriebe) über einen Busfahrer beschwert. Dieser habe den Fahrpreis kassiert, aber kein Ticket ausgedruckt. Unter dem Hinweis „You don’t need a ticket“ sei der Fahrgast eingelassen worden. Daraufhin veranlasste die BVG eine Sonderprüfung und konnte beobachten, wie der Busfahrer insgesamt vier Fahrgäste abkassierte, ohne Tickets auszudrucken.
Dem Arbeitnehmer wurde fristlos und ohne vorherige Abmahnung gekündigt. Er klagte ohne Erfolg vor dem LAG, welches die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zuließ.
Zur Entscheidung: Fristlose Kündigung ohne Abmahnung gerechtfertigt
Das Gericht führte aus, das Verhalten des Arbeitnehmers rechtfertige eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung. Der Einwand des Arbeitnehmers, er habe jedem zahlenden Fahrgast ein Ticket gegeben, sei nach Einsichtnahme in die Videoaufzeichnungen nicht zu bestätigen.
Fazit
Wenn ein Busfahrer den Fahrpreis ohne Ticketausgabe kassiert, kann dies Grund für eine fristlose Kündigung sein. Es ist dann auch keine vorherige Abmahnung erforderlich.
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 16.08.2018, Az. 10 Sa 469/18
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