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Trotz DSGVO: Einsicht in nichtanonymisierte Entgeltlisten durch den Betriebsrat

Ein Rechtsbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt Christoph J. Burgmer

Zum Hintergrund: Das Recht auf Einsicht in die Bruttoentgeltlisten

Das Einsichtsrecht des Betriebsrats in die Bruttoentgeltlisten dient dem Zweck, auf die innerbetriebliche Lohngleichheit hinzuwirken. So darf zum Beispiel niemand wegen seiner Herkunft oder Religion einen geringeren Bruttolohn erhalten. Von dem Einsichtsrecht ausgenommen sind jedoch die Bruttolöhne und -gehälter der leitenden Angestellten. Es muss zwar ein unbeaufsichtigter Einblick in die Listen gewährleistet werden, das Fotokopieren oder Speichern der Listen ist allerdings nicht erlaubt. Auch eine betriebsübergreifende Einsicht ist nicht zulässig.

Zum Sachverhalt: Nichtanonymisierte Entgeltlisten und Datenschutz

Im vorliegenden Fall betreibt die Arbeitgeberin u.a. ein Gesundheitszentrum, in dem auch ein Betriebsrat gebildet ist. Dieser forderte die Arbeitgeberin auf, ihm regelmäßig Einsicht in die Lohnlisten zu gewähren. Dem kam die Arbeitgeberin zwar nach, allerdings legte sie dem Betriebsrat nur eine anonymisierte Liste der gezahlten Bruttolöhne und -gehälter vor. Dagegen zog der Betriebsrat vor Gericht und bekam in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Hannover Recht. Die Arbeitgeberin wiederum erhob dagegen Beschwerde. Ihrer Auffassung nach könne der Betriebsrat seiner Aufgabe auch dann nachkommen, wenn er nur eine anonymisierte Gehaltsliste erhalte. Außerdem sei es ihre Pflicht als Arbeitgeberin die informationelle Selbstbestimmung ihrer Arbeitnehmer zu schützen.

Zur Entscheidung: Einsicht in nichtanonymisierte Listen der Bruttontgeltlisten

Das LAG Niedersachen folgte dieser Argumentation nicht. Die Arbeitgeberin sei bereits aus § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG verpflichtet, dem Betriebsrat Einsicht in die nichtanonymisierten Listen der Bruttolöhne und -gehälter zu gewähren. Aufgabe des Betriebsrats sei es darüber zu wachen, dass Gesetze und Tarifverträge eingehalten werden. Dazu gehöre auch die Überwachung von Lohngleichheit, die nur dann effektiv sein könne, wenn Namen und Entgelte zugeordnet werden können. Ein bestimmter Anlass müsse für eine entsprechende Einsicht nicht vorliegen.
Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes bestünden laut LAG nicht. Die Einsicht in die Liste von Bruttolöhnen und -gehälter sei eine zulässige Form der Datennutzung i.S.v. § 26 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Schließlich werde der Betriebsrat in Ausübung seiner Rechte und Pflichten als Interessenvertretung der Beschäftigten tätig. Die Frage, ob das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt werde, bedürfe keiner Antwort. Der Arbeitgeberin stehe es nämlich nicht zu, sich auf Grundrechte ihrer Arbeitnehmer zu berufen.
Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht (BAG) wurde zugelassen und ist dort bereits anhängig.

Fazit:

Dem LAG Niedersachen zufolge steht dem Betriebsrat weiterhin – auch nach Einführung der DSGVO und des neuen BDSG – das Recht zur Einsichtnahme in nichtanonymisierte Listen von Bruttolöhnen und -gehältern zu. Inwiefern das BAG diese Rechtsauffassung teilt, bleibt vorerst abzuwarten.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Beschluss v. 22.10.2018, 12 TaBV 23/18.

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