Freistellung: Was ist das und wann besteht Anspruch auf Freistellung?
Während der Arbeitszeit einen nahen Angehörigen pflegen, einen wichtigen Arzttermin wahrnehmen oder eine neue Stelle suchen:
Gibt es die Möglichkeit oder gar ein Recht darauf, für einen gewissen Zeitraum die Arbeit – bezahlt oder unbezahlt – niederlegen zu können? Ja, das gibt es – auch jenseits von Urlaubsansprüchen. Man nennt diese Möglichkeit „Freistellung“.
Von Freistellungen können sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer Gebrauch machen und profitieren. Teil I widmet sich der Perspektive der Arbeitnehmer.
Eine Freistellung bedeutet im Arbeitsrecht, dass der Arbeitnehmer bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis vorübergehend oder dauerhaft nicht mehr arbeiten muss. Ob er dabei seine Vergütung oder eine Lohnersatzleistung erhält, hängt von dem jeweiligen Fall ab.
Anspruch des Arbeitnehmers auf Freistellung
Gesetzlich sind mehrere Fälle vorgesehen, in denen der Arbeitnehmer eine bezahlte Freistellung verlangen kann. Der wohl relevanteste Fall ist der Urlaubsanspruch. Ein Anspruch besteht zum Beispiel auch, wenn dem Arbeitnehmer gekündigt wurde und er infolgedessen durch die Suche nach einer neuen Stelle für kurze Zeit verhindert ist. Auch die Pflege eines nahen Angehörigen kann grundsätzlich einen Anspruch auf Freistellung begründen.
Sogenannte Sabbaticals, also längere Auszeiten nach Ansparen von Arbeitszeit, werden ebenfalls in der Regel über Freistellungen abgewickelt.
Daneben besteht in Betrieben ab 200 Mitarbeitern Anspruch auf Freistellung mindestens eines Betriebsrats für dessen Tätigkeit als Vertreter der Belegschaft.
Im Alltag relevant ist auch der Anspruch auf Freistellung zur Wahrnehmung von Arztterminen, die nicht außerhalb der Arbeitszeit stattfinden können. Selbiges gilt für die Beerdigung naher Angehöriger oder die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben (z.B. Schöffe bei Gericht).
Es gibt jedoch auch Fälle, in denen der Arbeitgeber den Arbeitnehmer einseitig freistellen kann (s. dazu Teil II).
Abzugrenzen von Freistellungen sind Arbeitsbefreiungen kraft Gesetzes, die automatisch eintreten und nicht erst vom Arbeitgeber erklärt werden müssen. Dazu zählt etwa die Arbeitsbefreiung wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit oder Mutterschutz.
Folgen einer Freistellung
Infolge einer Freistellung kann der Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch verlieren. Es handelt sich in dem Fall um eine unbezahlte Freistellung. Es gibt jedoch auch bezahlte Freistellungen, bei denen der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Vergütung behält.
Zudem lohnt ein Blick auf die sozialrechtlichen Folgen einer Freistellung. Da das Beschäftigungsverhältnis durch eine Freistellung nicht beendet wird, entfällt die Sozialversicherungspflicht bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht. Darüber hinaus sind weitere Einzelheiten zu beachten, die hier nicht erschöpfend dargestellt werden können.
Ausübung eines anderen Jobs während der Freistellung
Grundsätzlich kann der freigestellte Arbeitnehmer während der Zeit seiner Freistellung anderen Erwerbstätigkeiten nachgehen.
Etwas anderes gilt jedoch, wenn im Arbeitsvertrag vereinbart wurde, dass Nebentätigkeiten dem Arbeitgeber angezeigt und von ihm genehmigt werden müssen. Zwar könnte man argumentieren, dass der Arbeitgeber während der Freistellung kein berechtigtes Interesse mehr daran habe, da etwa eine zeitliche Überbelastung des Arbeitnehmers ausgeschlossen ist. Allerdings hat der Arbeitgeber durchaus ein Interesse daran, sicherzugehen, dass der Arbeitnehmer keine Konkurrenztätigkeit ausübt. Wer als Arbeitnehmer sichergehen will, sollte mit dem Arbeitgeber eine Freistellungsvereinbarung treffen, wonach er „in der Verwertung seiner Arbeitskraft frei“ ist.