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Reicht ein Verdacht für eine Kündigung aus?

Ein Rechtsbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt Christoph J. Burgmer

Zum Hintergrund: Die außerordentliche Verdachtskündigung

„Im Zweifel für den Angeklagten“ lautet ein wichtiger Grundsatz im Strafverfahren. Der Staat muss dem Angeklagten die ihm vorgeworfene Straftat eindeutig nachweisen können. Etwas anders ist die Lage im Arbeitsrecht: Schon der dringende Verdacht eines erheblichen Fehlverhaltens am Arbeitsplatz kann das Vertrauen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber so stark beschädigen, dass eine Weiterbeschäftigung nicht zumutbar ist. In solchen Fällen kommt eine (fristlose) Verdachtskündigung in Betracht.
Für eine wirksame Verdachtskündigung müssen die folgenden Voraussetzungen vorliegen:

  • Es besteht der dringende Verdacht, dass ganz erheblich gegen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen wurde. Wäre der Verdacht beweisbar, würde er eine fristlose Kündigung rechtfertigen (insbesondere Straftaten wie Diebstahl, Unterschlagung, Körperverletzung, Beleidigung usw.). Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber eine ordentliche, also fristgerechte, Verdachtskündigung aussprechen möchte.
  • Der dringende Tatverdacht muss aufgrund von Tatsachen bestehen. Eine bloße Vermutung ohne objektive Anhaltspunkte genügt nicht.
  • Der Arbeitgeber hat so viel wie möglich über den Verdacht zu ermitteln. Insbesondere muss er den Arbeitnehmer zu dem Tatvorwurf anhören. Daran scheitern viele Verdachtskündigungen.
  • Möchte der Arbeitgeber eine fristlose Verdachtskündigung aussprechen, muss er dies innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnisnahme des Verdachts tun.

Verdacht der Unterschlagung eines abgegebenen 100€-Scheins

Der Arbeitnehmer arbeitete seit 1987 bei der Arbeitgeberin, dem Land NRW. Zuletzt war er Pförtner in einer Polizeidienststelle. Im Dezember 2017 gab eine Frau laut ihrer eigenen Aussage einen gefunden 100€-Schein beim Arbeitnehmer ab. Am selben Tag richtete sie sich mit einer E-Mail an die Polizeidienststelle. Sie berichtete, dass sie vom Pförtner nicht nach dem Fundort und ihrem Namen gefragt worden sei, was ihr ungewöhnlich vorkam. Der Geldschein fand sich nicht in der Asservatenkammer der Dienststelle und der Fund wurde auch nicht im Computersystem vermerkt.
Gegen den Arbeitnehmer wurde ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Unterschlagung eingeleitet. Er wurde von seiner Arbeitgeberin zum Verdacht angehört und bestritt, den Schein angenommen zu haben. Er habe die Frau mit dem Schein zur zuständigen Stelle geschickt. Trotzdem kündigte das Land NRW dem Arbeitnehmer fristlos.
Dagegen richtete sich die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers. Sie hatte weder vor dem Arbeitsgericht, noch vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg.

LAG Düsseldorf: Voraussetzungen der Verdachtskündigung liegen vor

Das Landesarbeitsgericht sah die Verdachtskündigung als wirksam an. Der erforderliche dringende Tatverdacht der Unterschlagung des Scheins liege vor. Die Darstellung der Finderin sei plausibel. Es sei nämlich kein Grund erkennbar, warum die Frau ansonsten die Polizeidienststelle per E-Mail kontaktiert haben sollte. Zudem sei sie im Strafverfahren bei ihrer Erzählung geblieben.
Trotz der 30-jährigen Anstellung des Arbeitnehmers rechtfertige dieser dringende Tatverdacht eine fristlose Verdachtskündigung.

Fazit

Diebstähle oder Unterschlagungen am Arbeitsplatz sind kein Kavaliersdelikt. Im Strafverfahren gilt zwar die Unschuldsvermutung, der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer aber unter Umständen schon dann fristlos kündigen, wenn ein dringender Tatverdacht vorliegt.
Der dringende Verdacht einer Unterschlagung kann eine fristlose Kündigung auch nach jahrzehntelanger Beschäftigung rechtfertigen.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil v. 28.06.2019, Az. 6 Sa 994/18

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