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„Im Zweifel für den Angeklagten“ lautet ein wichtiger Grundsatz im Strafverfahren. Der Staat muss dem Angeklagten die ihm vorgeworfene Straftat eindeutig nachweisen können. Etwas anders ist die Lage im Arbeitsrecht: Schon der dringende Verdacht eines erheblichen Fehlverhaltens am Arbeitsplatz kann das Vertrauen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber so stark beschädigen, dass eine Weiterbeschäftigung nicht zumutbar ist. In solchen Fällen kommt eine (fristlose) Verdachtskündigung in Betracht.
Für eine wirksame Verdachtskündigung müssen die folgenden Voraussetzungen vorliegen:
Der Arbeitnehmer arbeitete seit 1987 bei der Arbeitgeberin, dem Land NRW. Zuletzt war er Pförtner in einer Polizeidienststelle. Im Dezember 2017 gab eine Frau laut ihrer eigenen Aussage einen gefunden 100€-Schein beim Arbeitnehmer ab. Am selben Tag richtete sie sich mit einer E-Mail an die Polizeidienststelle. Sie berichtete, dass sie vom Pförtner nicht nach dem Fundort und ihrem Namen gefragt worden sei, was ihr ungewöhnlich vorkam. Der Geldschein fand sich nicht in der Asservatenkammer der Dienststelle und der Fund wurde auch nicht im Computersystem vermerkt.
Gegen den Arbeitnehmer wurde ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Unterschlagung eingeleitet. Er wurde von seiner Arbeitgeberin zum Verdacht angehört und bestritt, den Schein angenommen zu haben. Er habe die Frau mit dem Schein zur zuständigen Stelle geschickt. Trotzdem kündigte das Land NRW dem Arbeitnehmer fristlos.
Dagegen richtete sich die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers. Sie hatte weder vor dem Arbeitsgericht, noch vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg.
Das Landesarbeitsgericht sah die Verdachtskündigung als wirksam an. Der erforderliche dringende Tatverdacht der Unterschlagung des Scheins liege vor. Die Darstellung der Finderin sei plausibel. Es sei nämlich kein Grund erkennbar, warum die Frau ansonsten die Polizeidienststelle per E-Mail kontaktiert haben sollte. Zudem sei sie im Strafverfahren bei ihrer Erzählung geblieben.
Trotz der 30-jährigen Anstellung des Arbeitnehmers rechtfertige dieser dringende Tatverdacht eine fristlose Verdachtskündigung.
Diebstähle oder Unterschlagungen am Arbeitsplatz sind kein Kavaliersdelikt. Im Strafverfahren gilt zwar die Unschuldsvermutung, der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer aber unter Umständen schon dann fristlos kündigen, wenn ein dringender Tatverdacht vorliegt.
Der dringende Verdacht einer Unterschlagung kann eine fristlose Kündigung auch nach jahrzehntelanger Beschäftigung rechtfertigen.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil v. 28.06.2019, Az. 6 Sa 994/18
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