Verdachtskündigung: Hohe Anforderungen werden gestellt
Der Arbeitgeber kann grundsätzlich auch dann außerordentlich kündigen, wenn er einen Arbeitnehmer nur in Verdacht hat, eine Pflichtwidrigkeit begangen zu haben, dies aber letztlich nicht zu voller Gewissheit nachweisen kann. Hinter diesen sogenannten Verdachtskündigungen steht der Gedanke, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch bei Vorliegen konkreter Verdachtsmomente schon nachhaltig zerrüttet sein kann.
Hohe Anforderungen an Verdachtskündigung
Nicht jeder Verdacht kann jedoch eine Kündigung rechtfertigen. Die Rechtsprechung stellt hier entsprechend hohe Anforderungen. Dies zeigte sich nun wieder in einem Verfahren, über das das Landesarbeitsgericht Hamm am 30. August 2016 zu entscheiden hatte (Az.: 7 TaBV 45/16): Die Arbeitnehmerin war seit 20 Jahren in einem Seniorenzentrum beschäftigt und zum Zeitpunkt der Kündigung Betriebsrätin. Der Arbeitgeber warf ihr vor, sie habe einer Kollegin eine Trauerkarte mit dem handschriftlichen Zusatz „Für Dich (bist die nächste)“ ins Dienstpostfach gelegt, und wollte wegen grober Pflichtwidrigkeit die Kündigung aussprechen.
Pflichtverletzung nicht eindeutig nachweisbar
Da die Arbeitnehmerin zugleich Betriebsrätin war, hätte der Betriebsrat der Kündigung zustimmen müssen. Dieser verweigerte jedoch die Zustimmung. Der Arbeitgeber beantragte daher beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates. In erster und zweiter Instanz wiesen Arbeits- und Landesarbeitsgericht das Anliegen des Arbeitgebers zurück – mit Verweis auf die hohen Anforderungen an eine Verdachtskündigung. So müssen dringende Verdachtsmomente für eine gravierende Pflichtwidrigkeit bestehen, die das für das Arbeitsverhältnis erforderliche Vertrauen zerstören. Der Arbeitgeber muss insbesondere vor Ausspruch der Kündigung alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen haben und dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben haben.
Im Fall der Betriebsrätin hatte das Landesarbeitsgericht vor allem Bedenken hinsichtlich des dringenden Verdachtsmoments. Dass die Arbeitnehmerin die Karte selbst beschriftet hatte, ließ sich auch nach Handschriftanalyse durch einen Sachverständigen nicht mit hinreichend hoher Wahrscheinlichkeit nachweisen. Die Kündigung blieb damit unwirksam.