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Schließt eine Schriftformklausel mündliche Abreden aus?

Ein Rechtsbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt Christoph J. Burgmer

Schriftformklausel kann unterschiedliche Bedeutungen haben

Inhaltlich können vertraglich vereinbarte Schriftformklauseln zwei unterschiedliche Bedeutungen haben: Der Klausel kann entweder „konstitutive“ oder „deklaratorische“ Wirkung zukommen.
Konstitutive Klauseln sind die „schärfere“ Form der Schriftformklausel. Sie erklären mündliche Vertragsänderungen grundsätzlich für unwirksam. Das heißt: Auch wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer mündlich auf eine neue Regelung einigen, bleibt sie unwirksam und die im schriftlichen Arbeitsvertrag getroffenen Absprache gültig. Eine solche Klausel gibt es in zwei Varianten, die sog. einfache Schriftformklausel und die doppelte Schriftformklausel. Wie sich beide unterscheiden, wird nachfolgend dargestellt.
Deklaratorische Klauseln hingegen verhindern die Wirksamkeit einer mündlichen Vertragsabrede nicht. Die Parteien haben lediglich einen Anspruch darauf, dass das Vereinbarte nachträglich als Nachweis schriftlich festgehalten wird. Mündliche Änderungen des Arbeitsvertrages sind bei Vorliegen einer deklaratorischen Klausel also grundsätzlich uneingeschränkt wirksam.
Welche der beiden Formen im konkreten Fall vereinbart wurde, ist durch Auslegung zu ermitteln. Führt diese zu keinem klaren Ergebnis, liegt eine konstitutive Klausel vor, so das Bundesarbeitsgericht.

Konstitutive Klauseln häufig ohne Wirkung

Konstitutive Klauseln wollen mündliche Änderungen des Arbeitsvertrages verhindern, indem sie sie für unwirksam erklären.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber können die sog. einfache Schriftformklausel indes mündlich wieder aufheben (abbedingen). Damit könnten sie mündlich die Klausel zuerst aufheben und danach mündlich den Vertrag ändern.
Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer mündlich eine Vertragsänderung, nehmen die Gerichte häufig an, dass sie damit gleichzeitig die Schriftformklausel abbedingen. Aus diesem Grund ist die mündliche Abrede in der Praxis trotz vereinbarter Schriftformklausel meist wirksam. Dafür ist es nicht erforderlich, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber ausdrücklich über die Abbedingung der Schriftformklausel sprechen. Sie erfolgt grundsätzlich schlüssig durch die mündliche Vereinbarung selbst.

Meist keine Abhilfe durch doppelte Schriftformklauseln

Dem versucht die Vertragspraxis entgegenzuwirken, indem von sog. „doppelten Schriftformklauseln“ Gebrauch gemacht wird. Es wird dabei vertraglich bestimmt, dass neben der Vertragsänderung selbst auch die Abbedingung der Schriftform schriftlich erfolgen muss. Sie kann dann mündlich nicht mehr aufgehoben werden.
Jedoch gilt für doppelte Schriftformklauseln:
Arbeitsverträge sind in aller Regel als vorformulierte Verträge abgefasst, sog. AGB. Gemäß § 305b des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) genießen individuelle Vertragsabreden Vorrang vor vorformulierten Vereinbarungen. Dadurch soll insbesondere der Arbeitnehmer geschützt werden, der auf die Formulierung solcher Arbeitsverträge keinen Einfluss hat. Die mündliche Anpassung eines Arbeitsvertrages ist im Gegensatz zur Schriftformklausel in aller Regel eine individuelle Abrede. Daher verdrängt sie die vorformulierte Schriftformklausel.
Im Ergebnis kann damit die doppelte Schriftformklausel ebenfalls eine mündliche Vereinbarung nicht verhindern.

Doppelte Schriftformklauseln können betriebliche Übung verhindern

Welchen Sinn haben doppelte Schriftformklauseln dann?
Sie können wirksam das Entstehen einer sog. betrieblichen Übung (Was ist das?) verhindern.
Die Gerichte fassen eine betriebliche Übung nicht als individuelle Abrede iSd § 305b BGB auf. Somit hat sie keinen Vorrang vor der vorformulierten doppelten Schriftformklausel.
Doppelte Schriftformklauseln müssen dennoch deutlich machen, dass sie mündlichen Individualabreden nicht im Wege stehen. Nur dann können sie wirksam eine betriebliche Übung verhindern. Weisen sie auf diese Besonderheit nicht ausdrücklich hin, sind sie vollständig nichtig. Sie können dann auch Ansprüche aus einer betrieblichen Übung nicht verhindern.

Fazit:

Zu unterscheiden sind zunächst konstitutive und deklaratorische Schriftformklauseln.
Deklaratorische Schriftformklauseln begründen lediglich einen Anspruch auf schriftlichen Nachweis der wirksamen mündlichen Vertragsänderung.
Im Zweifel ist von einer konstitutiven Klausel auszugehen.
Konstitutive Klauseln wollen zwar die Wirksamkeit einer mündlichen Vertragsänderung verhindern, verfehlen diesen Zweck jedoch meist. Mündliche Vertragsänderungen sind damit in der Regel wirksam.
Enthält der Arbeitsvertrag eine doppelte Schriftformklausel, verhindert dies nach derzeitiger Rechtslage nur das Entstehen einer betrieblichen Übung. Selbst dies gilt jedoch nur, wenn die doppelte Schriftformklausel darauf hinweist, dass sie mündlichen Abreden grundsätzlich nicht im Wege steht.

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