Betriebliche Übung – Was ist das?

Betriebliche ÜbungWas bedeutet „betriebliche Übung“ genau?

Von betrieblicher Übung wird gesprochen, wenn ein Arbeitgeber über einen gewissen Zeitraum bestimmte Verhaltensweisen wiederholt und seine Arbeitnehmer darauf vertrauen können, dass er dieses Verhalten auch in Zukunft fortsetzt. Ist eine solche Betriebsübung einmal entstanden, bindet sie den Arbeitgeber in seinem Verhalten. Entsprechend können Arbeitnehmer hieraus Rechte gegen den Arbeitgeber herleiten, sollte dieser entgegen der gewohnten Verhaltensweise verfahren. Ihnen steht dann im Streitfall auch die Möglichkeit offen, diese Rechte gerichtlich durchzusetzen.

Die betriebliche Übung: Voraussetzungen

Als prominentes Beispiel für eine betriebliche Übung sind Sonderzahlungen wie das Weihnachtsgeld zu nennen, die der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer leistet, ohne hierzu zunächst durch den Arbeitsvertrag oder andere Vereinbarungen verpflichtet zu sein. Bei einmaliger Ausschüttung eines Weihnachtsbonus jedoch kann von einer Übung noch nicht die Rede sein. Nach bisheriger Rechtsprechung muss der Arbeitgeber ununterbrochen über drei Jahre hinweg Auszahlungen tätigen, bevor Arbeitnehmer auch auf weitere Zahlungen in der Zukunft vertrauen dürfen. Ist dies der Fall, so wird das einstmals freiwillige Verhalten des Arbeitgebers zu seiner arbeitsvertraglichen Pflicht. Unterlässt er dann beispielsweise im vierten Jahr die Zahlung, können bisher von der Übung begünstigte Arbeitnehmer unter Hinweis auf ihren Arbeitsvertrag auf die Zahlung bestehen. Nach aktueller Rechtsprechung (BAG, Urteil vom 13.05.2015, 10 AZR 266/14) ist es für das Entstehen der Betriebsübung nun auch nicht mehr notwendig, dass der Arbeitgeber stets Zahlungen in selber Höhe tätigt. Allein der Umstand dass gezahlt wurde und der Zeitfaktor, also die Regelmäßigkeit der Zahlungen, sind ausschlaggebend.

Arbeitgebervorbehalte und die „doppelte“ Schriftformklausel

Arbeitgeber stehen dem Entstehen der Betriebsübung jedoch nicht ganz schutzlos gegenüber. Wird dem Beschäftigten bei Gewährung der freiwilligen Zuwendungen ausdrücklich deutlich gemacht, dass hierdurch keine Rechtspflicht für die Zukunft begründet werden soll, scheidet das Entstehen einer betrieblichen Übung grundsätzlich aus. Der Arbeitgeber kann so darauf einwirken, dass beim Arbeitnehmer kein Vertrauen in der Hinsicht entsteht.

Außerdem kann eine im Arbeitsvertrag vereinbarte sogenannte „doppelte“ Schriftformklausel betriebliche Übungen verhindern. Diese lauten in der Regel etwa folgendermaßen: „Jede Änderung dieses Vertrages bedarf der schriftlichen Form. Auch die Änderung dieser Schriftformklausel bedarf der schriftlichen Form.“ Dadurch, dass die Betriebsübung eine Änderung des Vertrages zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer darstellt, wird über eine solche Regelung das Entstehen der Betriebsübung vereitelt. Als reine AGB-Klausel (grundsätzlich in Muster-Arbeitsverträgen) kann eine doppelte Schriftformklausel allerdings nicht eingebracht werden.

Nach dem Entstehen jedoch hat der Arbeitgeber nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, betriebliche Übungen und ihre Folgen zu beseitigen. In Betracht kommen dann noch eine Änderungskündigung oder eine Einigung mit den betreffenden Arbeitnehmern. Ein einseitiger Widerruf, eine Anfechtung wegen Irrtums oder eine Betriebsvereinbarung hingegen stehen dem Arbeitgeber nicht zur Verfügung.