Kirchliches Arbeitsrecht: Was geschieht bei Betriebsübergang?
Kirchliche Arbeitgeber können sich vor dem Hintergrund ihres Selbstverwaltungsrechts (Art. 140 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 der Weimarer Reichsverfassung) eigene Arbeitsvertragsrichtlinien geben und diese zur Grundlage der Arbeitsverhältnisse der bei ihnen Beschäftigten machen (sog. kirchliches Arbeitsrecht).
Dies ist insbesondere bei sozialen Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft wie der Diakonie oder Caritas üblich. Die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) enthalten Regelungen über die Durchführung, Vergütung und Beendigung von Arbeitsverhältnissen. Sie sind also funktional einem Tarifvertrag durchaus vergleichbar, wobei vor allem im Hinblick auf ihr Zustandekommen deutliche Unterschiede bestehen.
Da die kirchliche Selbstverwaltungsbefugnis nicht für weltliche Arbeitgeber gilt, stellte sich bislang die Frage, was geschieht, wenn ein weltlicher Arbeitgeber einen Betrieb von einem kirchlichen Arbeitgeber übernimmt.
Dazu hat nun das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden.
Weltlicher Arbeitgeber gab nach Betriebsübergang Entgelterhöhungen nicht weiter
Ganz zentral stellte sich diese Frage für die Arbeitnehmer eines bisher in kirchlicher Trägerschaft geführten Betriebes, der von einem weltlichen Erwerber übernommen worden war. In den Arbeitsverträgen der Arbeitnehmer wurde nämlich auf die AVR „in der jeweils aktuellen Fassung“ verwiesen (sog. dynamische Verweisung).
Nach Übernahme des Betriebes weigerte sich der neue weltliche Arbeitgeber, Entgelterhöhungen, die für die AVR nach Betriebsübernahme beschlossen worden waren, an die Arbeitnehmer weiterzugeben. Seiner Auffassung nach war die Verweisung von ihm als weltlichem Arbeitgeber, der keinen Einfluss auf den Inhalt der AVR habe, nicht zu berücksichtigen.
Kirchliches Arbeitsrecht wirkt fort
Das BAG sah dies allerdings anders: Es gelte § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches. Nach dieser Vorschrift tritt der neue Inhaber eines Betriebes bei einem Betriebsübergang in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Der weltliche „Übernehmer“ eines kirchlichen Betriebs, in dem die AVR Anwendung fanden, übernimmt somit nach Auffassung des Gerichts auch in die in den AVR normierten Rechte und Pflichten, und zwar – sofern eine dynamische Verweisung vorliegt – in der jeweils aktuellen Fassung.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. November 2017 – 6 AZR 683/16
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