Ermittlung der Betriebsgröße: Leiharbeitnehmer zählen mit
Gemäß § 38 Abs. 1 S. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist je nach Beschäftigtenzahl eine gewisse Anzahl von Betriebsratsmitgliedern von der beruflichen Tätigkeit freizustellen. Bei der Ermittlung der Betriebsgröße sind auch Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen, wenn sie zu dem regelmäßigen Personalbestand zählen. So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 2. August 2017.
Freistellung eines zweiten Betriebsratsmitglieds
Im konkreten Betrieb – einem Unternehmen der Automobilzulieferungsindustrie – waren neben den regulär angestellten Arbeitnehmern zusätzlich etwa 150 Leiharbeitnehmer über Jahre hinweg beschäftigt. Zählte man diese beiden Gruppen zusammen, so fasste der Betrieb insgesamt mehr als 500 Arbeitnehmer. Demnach waren gem. § 38 Abs. 1 S. 1 BetrVG mindestens zwei Betriebsratsmitglieder freizustellen.
Die Arbeitgeberin lehnte es jedoch ab, ein zweites Mitglied des Betriebsrats von seiner beruflichen Tätigkeit freizustellen. Daraufhin klagte der Betriebsrat auf Feststellung, dass die Arbeitgeberin dazu verpflichtet sei.
Leiharbeitnehmer sind bei der Ermittlung der Betriebsgröße zu berücksichtigen
Das BAG entschied zugunsten des Betriebsrats. Nach § 38 Abs. 1 S. 1 BetrVG seien in Betrieben mit in der Regel mindestens 501 Arbeitnehmern zwei Mitglieder des Betriebsrats freizustellen. Das BAG musste also ermittelten, wie viele Arbeitnehmer im Betrieb der Beklagten tatsächlich tätig waren.
Dabei stellte es fest, dass bei der Zählung der Arbeitnehmer auch Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen seien, sofern diese zum regelmäßigen Personalbestand gehören. Dies folge aus § 14 Abs. 2 S. 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), wonach Leiharbeitnehmer auch bei der Betriebsgröße des Entleiherbetriebs zu berücksichtigen sind.
Bei der Bestimmung der Beschäftigtenanzahl bedürfe es dabei sowohl einer rückblickenden Betrachtung – mindestens der letzten sechs Monate bis zu den letzten zwei Jahren – als auch einer Prognose. Auch konkrete Unternehmensentscheidungen seien zu berücksichtigen.
Im konkreten Fall habe die Beschäftigtenanzahl in der Vergangenheit stets bei mehr als 501 Arbeitnehmern gelegen. Auch in Zukunft sei keine andere Entwicklung zu erwarten. Im Ergebnis müsse die beklagte Arbeitgeberin folglich zwei Mitglieder des Betriebsrats freistellen.
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