Wiederholte Arbeitsfehler begründen nicht immer verhaltensbedingte Kündigung
Begeht ein Arbeitnehmer Fehler bei seiner Tätigkeit, kann sein Arbeitgeber ihm deswegen nicht ohne Weiteres kündigen. Selbst wenn er bereits mehrfach abgemahnt wurde, kann die Interessenabwägung im Einzelfall zugunsten des Arbeitnehmers ausfallen. Das hat nun das Landesarbeitsgericht Köln entschieden.
Wiederholte Arbeitsfehler des Arbeitnehmers
Im zu entscheidenden Fall war der Arbeitnehmer seit Mitte 1999 als Lagerarbeiter bei dem Unternehmen mit ca. 900 Mitarbeitern beschäftigt. Als Vater war er unterhaltspflichtig für seine fünf Kinder.
Im August 2013 wurden die Lageristen des Unternehmens ausdrücklich angewiesen, bei der Beladung der LKWs jedes Teil einzeln erst bei der Verladung zu scannen. Zuvor wurde die gesamte Ware vor dem Beladen gescannt. Hieran hielt sich der Arbeitnehmer allerdings nicht durchgängig. Er erhielt daher in den folgenden Monaten zwei Abmahnungen wegen falscher Beladung von LKWs. Außerdem wurde er weitere zwei Male auf Grund verspäteter Nachricht über seine Arbeitsunfähigkeit bzw. eine Urlaubsüberschreitung abgemahnt. Im Januar 2016 führte ein Fehler des Mitarbeiters dazu, dass ein LKW am nächsten Tag nachgeladen werden musste, weil Teile der Ware fehlten. Dadurch kam es zu nicht unerheblichen Störungen im Betriebsablauf. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis ordentlich und fristgerecht zum 31.07.2016. Hiergegen erhob der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht.
Arbeitsgerichte: Kündigung unwirksam
Dieses gab ihm Recht. Die anschließende Berufung des Arbeitgebers vor dem Landesarbeitsgericht Köln scheiterte. Die Kündigung im zu entscheidenden Fall ist also unwirksam, denn sie ist nicht sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG).
Damit eine verhaltensbedingte Kündigung wirksam ist, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein: Der Arbeitnehmer muss mit seinem Verhalten eine Vertragspflicht schuldhaft und erheblich verletzt haben, das Arbeitsverhältnis muss dadurch beeinträchtigt sein und es darf dem Arbeitsgeber nicht zuzumuten sein, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. Außerdem muss die Kündigung einer Abwägung der beiderseitigen Interessen standhalten.
Dies war hier aus Sicht der Gerichte nicht der Fall: Zwar sei es grundsätzlich möglich, einem Arbeitnehmer aufgrund schlechter Leistung zu kündigen. Schließlich verpflichte der Arbeitsvertrag den Arbeitnehmer, sorgfältig zu arbeiten und ein mindestens durchschnittliches Arbeitsergebnis abzuliefern. Dies gelte umso mehr, nachdem schon mehrere Abmahnungen aufgrund derselben Pflichtverletzung ausgesprochen worden seien und die Abmahnung an Warnfunktion einzubüßen drohe.
Aus Sicht der Richter überwog dennoch das Interesse des Arbeitnehmers an der Weiterbeschäftigung: Er habe bereits seit über sechzehn Jahren bei der Firma gearbeitet, den Großteil davon ohne Störungen. Auch seine erheblichen Unterhaltspflichten sprächen für das soziale Interesse des Lagerarbeiters. Im Ergebnis sei es dem Unternehmen zuzumuten, ihn nach nochmaliger Abmahnung weiter zu beschäftigen, zumal er im Januar 2016 nur einen einzelnen Arbeitsfehler begangen habe.
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 24.03.2017, Az.: 4 Sa 876/16
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