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burgmer arbeitsrecht

„Whistleblowing“ ist kein Kündigungsgrund

Ein Rechtsbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt Christoph J. Burgmer

Mitarbeiter gab Interna preis

Ein Mitarbeiter der Potsdamer Bußgeldstelle plauderte mit einem Amtsrichter über seine Tätigkeit und ließ durchblicken, dass die Stadt Potsdam vom 05.06. bis zum 10.06.2012 angeblich mit einem nicht vorschriftsmäßig geeichten Messgerät gearbeitet habe. Der Richter informierte den Oberstaatsanwalt, der daraufhin ein Ermittlungsverfahren einleitete. Der Mitarbeiter der Bußgeldstelle erhielt die fristlose Kündigung von seiner Dienststelle und klagte. Er obsiegte vor dem ArbG Berlin und vor dem LArbG Berlin, Urteil vom 07.11.2013, 10 Sa 1230/13. Der Amtsrichter hielt den Inhalt seines Gesprächs mit dem Mitarbeiter der Bußgeldstelle in einem Aktenvermerk fest. So sei das von der Stadt Potsdam eingesetzte Messgerät zeitweilig nicht geeicht gewesen. Messbedienstete hätten die Eichmarke vom alten Handkontrollgerät entfernt und auf das neue aufgeklebt. Auch hätten sich Mitarbeiter geweigert, mit dem so manipulierten Gerät Messungen vorzunehmen. Schließlich habe sich jedoch ein Mitarbeiter gefunden, der mit dem Gerät habe arbeiten wollen. Auch sei die Anweisung erteilt worden, Stillschweigen über den Vorgang zu bewahren, anderenfalls sei mit dienstrechtlichen Konsequenzen zu rechnen gewesen.

Personalrat stimmte der Kündigung nicht zu

Die Arbeitgeberin sprach unter dem 12.07.2012 die fristlose Kündigung aus. Der Personalrat war zuvor angehört worden, hatte seine Zustimmung jedoch verweigert. Die Arbeitgeberin trug vor, der Mitarbeiter habe seine Vorgesetzte in dem Gespräch mit dem Richter böswillig verleumdet, ohne vorher versucht zu haben, eine Lösung innerhalb der Stadtverwaltung herbeizuführen. Der Mitarbeiter habe leichtfertig gehandelt, denn er konnte die weitergetragenen Informationen nur vom Hörensagen gekannt haben.

Arbeitgeberin verstieß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip im Kündigungsrecht

Die Beendigungskündigung kommt nur als letztes Mittel in Betracht, wenn der Arbeitgeber nicht in der Lage ist, andere geeignete Mittel einzusetzen (ultima-ratio-Prinzip). Als anderes geeignetes Mittel wäre vorliegend insbesondere eine Abmahnung in Betracht gekommen, so das Gericht. Überdies wäre es nach dem ultima-ratio-Prinzip geboten gewesen, anstelle der fristlosen eine fristgerechte Kündigung auszusprechen, der Eingriff durch eine fristgerechte Kündigung wiege nämlich verhältnismäßig weniger schwer. Die ausgesprochene fristlose Kündigung komme nur dann in Betracht, wenn sämtliche mildere Reaktionsmöglichkeiten für den Arbeitgeber unzumutbar seien.

Abmahnung ist sowohl bei außerordentlicher als auch bei ordentlicher Kündigung erforderlich

Das Gericht führte weiter aus, dass die Abmahnung, die hier verabsäumt wurde, der Kündigung grundsätzlich vorauszugehen habe. Die Abmahnung habe eine wichtige Warnfunktion, denn sie könne das Verhalten des Arbeitnehmers positiv beeinflussen, wenn sie ihm aufzeige, dass zukünftige Zuwiderhandlungen oder Vertragspflichtverletzungen das Arbeitsverhältnis ernsthaft gefährdeten. Nur in Sonderfällen sei eine Abmahnung entbehrlich, wenn es sich nämlich um eine so schwere Pflichtverletzung handele, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar sei. Dies sei insbesondere dann anzunehmen, wenn von vornherein erkennbar sei, dass eine Verhaltensänderung auch nach einer Abmahnung in Zukunft nicht zu erwarten sei.

Es gab keine Anhaltspunkte für die Entbehrlichkeit der Abmahnung

Das Gericht  führte abschließend aus, dass es keine Anhaltspunkte habe erkennen können, wonach der Mitarbeiter seine Vorgesetzte bei der Bußgeldstelle habe verleumden oder anschwärzen wollen. Es sei zwar bedauerlich, dass das Verhalten des Mitarbeiters dazu geführt habe, dass ein Ermittlungsverfahren gegen die Vorgesetzte eröffnet wurde, dies ändere aber nichts daran, dass ein zukünftiges Fehlverhalten des Mitarbeiters auch und vorrangig durch eine Abmahnung als Mittel der Wahl hätte vermieden werden können.

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