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Unzulässige Briefwahl: Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl

Ein Rechtsbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt Christoph J. Burgmer

Zum Hintergrund: Nichtigkeit und Anfechtbarkeit einer Betriebsratswahl

Ein Betriebsrat kann in Unternehmen gewählt werden, die mindestens fünf ständige wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigen. Für die Bestellung des Wahlvorstands und die Durchführung der Wahl gelten gesetzliche Vorschriften über Wahlverfahren, Wählbarkeit und Wahlrecht. Wird gegen diese Vorschriften verstoßen, kann die Wahl unter Umständen anfechtbar oder sogar nichtig sein.
Die Unterscheidung zwischen Nichtigkeit und Anfechtbarkeit ist entscheidend: Eine anfechtbare Wahl ist bis zur Entscheidung des Gerichts über die Anfechtung wirksam. Das bedeutet, dass der gewählte Betriebsrat zunächst handlungsfähig ist und wirksame Beschlüsse fassen kann. Bei einer Nichtigkeit gilt der Betriebsrat hingegen als von Anfang an nicht gewählt und konnte daher auch nie rechtlich wirksam handeln.
Die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl ist nur bei erheblichen Regelverstößen anzunehmen. Dies ist der Fall, wenn gegen die Grundsätze von ordnungsgemäßen Wahlen derart grob verstoßen wird, dass nicht einmal der Anschein einer rechtmäßigen Wahl entsteht. Ein Beispiel ist die „Wahl“ eines Betriebsrates durch lautes Klatschen der Arbeitnehmer auf der Betriebsversammlung.
Für die Anfechtbarkeit gelten die folgenden Voraussetzungen:

  • Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über Wahlrecht, Wählbarkeit, Wahlverfahren
  • Keine Berichtigung des Verstoßes (oder Berichtigung unmöglich)
  • Wahlergebnis konnte durch den Verstoß geändert oder beeinflusst werden

Anfechtungsberechtigt sind:

  • Mindestens drei Arbeitnehmer
  • Arbeitgeber
  • Im Betrieb vertretene Gewerkschaften

Nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses bleiben diesen Personen zwei Wochen für die Anfechtung.

Zum Sachverhalt: Briefwahl für bestimmte Arbeitnehmer

Im konkreten Fall sollte bei der Arbeitgeberin ein neuer Betriebsrat gewählt werden. Nach einem Beschluss des Wahlvorstandes fand in bestimmten Bereichen des Unternehmens (Werkfeuerwehr, Werkschutz und Betriebsärztlicher Dienst) eine Briefwahl statt. Laut § 24 Abs. 3 S. 1 der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz kann eine Briefwahl für Betriebsteile angeordnet werden, die in einer größeren Entfernung zum Hauptbetrieb liegen.
Mehrere Angestellte erklärten daraufhin die Anfechtung der Wahl. Es sei zu Verletzungen wichtiger Wahlvorschriften gekommen. Das ArbG Krefeld sah die Anfechtung als begründet an und erklärte die Wahl für unwirksam.

Zur Entscheidung: Mögliche Beeinflussung des Wahlergebnisses durch unzulässige Briefwahl

Das Gericht führte aus, eine Briefwahl sei im vorliegenden Fall nicht zulässig gewesen. Es handele sich bei den betroffenen Bereichen nicht um Betriebsteile im Sinne der Wahlordnung. Zudem fehle es an dem Erfordernis der räumlichen Entfernung, da sich das Betriebsgelände nur über etwa zwei Kilometer erstrecke.
Zudem sei nicht auszuschließen, dass sich dieser Verstoß auf das Wahlergebnis ausgewirkt habe. Bei der Beurteilung dieser Frage gelte ein strenger Maßstab. Nach der Lebenserfahrung unwahrscheinliche Möglichkeiten seien dabei nicht zu berücksichtigen. Für eine solche Beeinflussung spreche, dass die Wahlbeteiligung bei der Briefwahl deutlich geringer ausgefallen sei als im übrigen Betrieb. Auch der Anteil der ungültigen Stimmen sei bei der Briefwahl erhöht gewesen. Es wären ohne Anordnung der Briefwahl möglicherweise 21 weitere Stimmen abgegeben worden. Neun ungültige Briefwahlstimmen hätten zudem wirksam sein können. Wegen des knappen Ergebnisses hätten schon sechs zusätzliche Stimmen für eine bestimmte Liste genügt, um die Zusammensetzung des Betriebsrates zu verändern.

Fazit

Die Briefwahl kann laut der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz nur in bestimmten Fällen für Teile des Betriebes angeordnet werden. Eine unzulässige Briefwahl kann zur Ungültigkeit der Wahl führen, wenn das Gericht Indizien für eine Beeinflussung des Wahlergebnisses sieht. Beispielsweise, wenn bei der Briefwahl die Wahlbeteiligung niedriger oder der Anteil an ungültigen Stimmen höher als im restlichen Betrieb ist.
ArbG Krefeld, Beschluss v. 01.08.2018, Az. 3 BV 8/18

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