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Private Internetnutzung am Arbeitsplatz – was nicht erlaubt ist, ist verboten

Die Arbeitgeberin wechselte ihren Internetserver aus und stellte fest, dass der Computer eines langjährigen Mitarbeiters in der Vergangenheit fast 90% der Bandbreite der vorhandenen Internetverbindung belegt hatte. Eine spätere Auswertung ergab eine massive Privatnutzung des betrieblichen Internetzugangs für Besuche auf dem Portal Usenet mit der Zugangssoftware UseNeXT. Die Arbeitgeberin nahm dies zum Anlass, das Arbeitsverhältnis ohne vorherige Abmahnung ordentlich zu kündigen. Der Mitarbeiter wehrte sich gegen die Kündigung und blieb mit der erhobenen Kündigungsschutzklage in zwei Instanzen erfolglos. Zuletzt vor dem LArbG Kiel, Urteil vom 06.05.2014, 1 Sa 421/13.

Mitarbeiter gestand private Nutzung des betrieblichen Internetzugangs nur zögerlich ein

Der Kläger verneinte zunächst eine Nutzung von Usenet/UseNeXT, räumte sie aber später zweimal ein und bekräftigte, mittlerweile das Programm und alles was damit zu tun habe, gelöscht zu haben. Die Arbeitgeberin trug vor, 17.429 ursprünglich vom Kläger gelöschte Dateien rekonstruiert zu haben. Sie konnte überdies Listen zum Browserverlauf auf dem Dienstrechner des Klägers vorlegen, deren Richtigkeit der Kläger jedoch bestritt. Dieser wandte ein, Usenet/UseNeXT einzig dazu genutzt zu haben, um die Navigationssoftware auf den Navigationsgeräten zweier Betriebsratsmitglieder zu aktualisieren. Im Übrigen wies er jede Verantwortung für die übermäßige Auslastung des betrieblichen Internets und das Herunterladen der von der Beklagten angeführten Dateien von sich. Schließlich hätten auch andere Mitarbeiter Zugang zu seinem Computer gehabt. Weiterer substantiierter Vortrag hierzu erfolgte nicht (wer, wann, bei welcher Gelegenheit…). Das LArbG hielt seine Einlassung für wenig glaubhaft. Es schloss sich mithin dem Vortrag der Arbeitgeberin an und bestätigte die Auffassung der Vorinstanz, wonach das betriebliche Internet durch den Kläger ausschweifend für private Zwecke genutzt worden sei.

Bei ausschweifender Privatnutzung des betrieblichen Internets droht sogar eine außerordentliche Kündigung

Das BAG wertete in seinem Urteil vom 07.07.2005, 2 AZR 581/04, vor allem das Herunterladen einer erheblichen Menge von Daten aus dem Internet auf betriebliche Datensysteme, sowie den Umstand, dass der betreffende Arbeitnehmer durch die exzessive Nutzung seine Arbeitspflichten verletzt, als schwerwiegende Pflichtverletzungen. Dieser Würdigung schloss sich das LArbG Kiel im vorliegenden Fall an. Die Datenmenge sei erheblich gewesen. Sie hätte überdies die Gefahr einer Virusinfektion begründet und schließlich habe der Kläger auch einen erheblichen Teil der Arbeitszeit aufwenden müssen, um die später von einem Experten ausgemachte Datenmenge überhaupt auf seinen Rechner herunterladen zu können. Insbesondere wiege die Gefahr einer Virusinfektion des gesamten EDV-Netzwerks im Rahmen einer Interessenabwägung so schwer, dass die Arbeitgeberin nicht gehalten gewesen sei, vorab eine Abmahnung auszusprechen.

Grundsatz des BAG zur privaten Internetnutzung

Das LArbG konkretisierte den Grundsatz des BAG, Urteil vom 31.05.2007, 2 AZR 200/06, wonach eine private Nutzung des Internets grundsätzlich nicht erlaubt sei, dahingehend, dass verboten sei, was nicht erlaubt sei. Es bedürfe also stets einer ausdrücklichen Erlaubnis für die private Internetnutzung am Arbeitsplatz. Daraus, dass es kein Verbot gebe, könne nicht auf das Erlaubtsein geschlossen werden. Auch wurde der Kläger nicht mit dem Einwand gehört, das private Surfen sei erlaubt gewesen, weil die Arbeitgeberin keine Maßnahmen zur Überwachung des Surfverhaltens der Mitarbeiter getroffen habe. Diese habe vielmehr, so das erkennende Gericht, darauf vertrauen dürfen, dass das betriebliche Internet eben nicht missbraucht werde. Die Arbeitgeberin sei nicht verpflichtet gewesen, Kontrollen durchzuführen oder gar ihre Mitarbeiter pauschal zu verdächtigen. Nach alledem hat das LArbG Kiel die erstinstanzliche Klageabweisung bestätigt. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Strenge Anforderungen bei Kündigung wegen illegaler Downloads aus dem Internet

Der Kläger war als IT-Techniker beim Land Nordrhein-Westfalen beschäftigt. Ihm standen für seine Tätigkeit ein Desktop PC und ein Laptop-Rechner zur Verfügung. Im Februar 2010 erhielt die Arbeitgeberin, das Land NRW, ein anwaltliches Schreiben, das darauf aufmerksam machte, dass von einer ihr zugeteilten IP-Adresse urheberrechtlich geschützte Werke mittels des Filesharing-Systems BitTorrent heruntergeladen worden waren. Interne Ermittlungen ergaben, dass die IP-Adresse zu den Rechnern des Klägers gehörte. Auch die Staatsanwaltschaft begann zu ermitteln und erhob im Januar 2012 Anklage gegen den Mitarbeiter (Kläger). Die Arbeitgeberin kündigte den Arbeitsvertrag mit dem Kläger zunächst im November 2012 außerordentlich und abermals außerordentlich im Dezember 2012. Sie unterlag gegen die Kündigungsschutzklage des Mitarbeiters in zwei Instanzen, zuletzt vor dem LArbG Hamm, Urteil vom 06.12.2013, 13 Sa 596/13.

Staatsanwaltschaft klagte den Mitarbeiter wegen zahlreicher Delikte an

Die zuständige Staatsanwaltschaft ermittelte gegen den Mitarbeiter wegen Verstößen gegen das Urheberrechtsgesetz, Unterschlagung, Betrugs und Computersabotage. Im Zuge der internen Ermittlungen bei der Arbeitgeberin stellte sich außerdem heraus, dass der Mitarbeiter kurz vor seiner Freistellung im Juni 2010 eine Konfigurationsdatei des Rechenzentrums der Beklagten verändert hatte. In der Folgezeit war es zu Systemausfällen und Fehlern gekommen. Ein Zusammenhang zwischen den Arbeiten und den Systemabstürzen ließ sich indes nicht nachweisen. Die Anklage wegen Unterschlagung rührte daher, dass der Mitarbeiter einen PC des Personalrats mit nach Hause genommen hatte. Ferner war ein sogenannter „NAS-Server“, der wegen Renovierungsarbeiten aus dem Büro des Mitarbeiters in einen Lagerraum hätte verbracht werden sollen, plötzlich nicht mehr auffindbar.

Es folgte die Einstellung des staatsanwaltlichen Ermittlungverfahrens gegen Zahlung einer Geldbuße

Der Mitarbeiter konnte sich indes erfolgreich gegen die Vorwürfe verteidigen, so dass das Ermittlungsverfahren nach § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt wurde. So habe er den PC des Personalrats mit Einverständnis des Vorsitzenden mit nach Hause nehmen dürfen. Wo sich der „NAS“-Server befinde, wisse er nicht. Die Modifikationen an der Konfigurationsdatei seien notwendig gewesen, um das System am Laufen zu halten. Hinsichtlich der Urheberrechtsverstöße ließ er sich ein, dass auch andere Mitarbeiter Zugang zu seinen Rechnern gehabt hätten. Er erklärte ausdrücklich, dass die Annahme der Geldbuße kein Schuldanerkenntnis darstelle.

Arbeitgeberin konnte keine Pflichtverletzung nachweisen

Die Arbeitgeberin nahm die Vorwürfe trotz des eingestellten Ermittlungsverfahrens dennoch zum Anlass, die fristlose Kündigung nach Anhörung des Personalrats auszusprechen. In den späteren Kündigungsschutzverfahren gelang es ihr jedoch nicht, dem Kläger die für eine außerordentliche Kündigung notwendige Pflichtverletzung nachzuweisen. Das LArbG Hamm führte aus, dass es der Beklagten nicht gelungen sei, nachzuweisen, dass der Mitarbeiter (Kläger) für die Downloads verantwortlich sei. Ebenso könnten andere Mitarbeiter diese vorgenommen haben. Auch habe die Beklagte keine Beweise für eine Manipulation der Konfigurationsdatei durch den Kläger oder eine durch ihn vorgenommene Unterschlagung des „NAS“-Servers oder des PC des Personalrats führen können. Hinsichtlich der illegalen Downloads folgte das Gericht dem Vortrag des Klägers, der darlegen konnte, dass er während der Zeit zu der die Downloads durchgeführt worden waren, mitunter abwesend gewesen sei. Insoweit war der Vortrag der Beklagten, dass der Kläger auch einen zeitversetzten Download hätte anstoßen können, nicht erheblich.

Private Internetnutzung als wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung?

Ein Auszubildender hatte während der Arbeitszeit auf einem dienstlich gestellten Rechner private Einkäufe getätigt und Porno-Seiten besucht, so die beklagte Arbeitgeberin. Sie kündigte nach vorausgegangener mündlicher und schriftlicher Abmahnung das Ausbildungsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Der Auszubildende wehrte sich erfolgreich gegen die Kündigung. Das LArbG Mainz, Urteil vom 24.10.2013, 10 Sa 173/13, gab seiner Kündigungsschutzklage, genau wie die Vorinstanz, statt.

Anforderungen des BAG an den Sachvortrag bei einer Kündigung wegen privater Internetnutzung

Nach der Rechtsprechung des BAG liegt eine kündigungsrelevante Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten unter den nachfolgend genannten Gesichtspunkten vor: 1) Der Arbeitnehmer lädt unberechtigt Daten aus dem Internet in das Computernetzwerk der Arbeitgeberin herunter, so dass die Gefahr eines Virenbefalls oder einer anderweitigen Störung des einwandfreien Betriebs der Computeranlage bestehe. Auch komme im Falle einer Rückverfolgung des Downloads die Gefahr einer Rufschädigung in Betracht, je nach dem, um welche Daten es sich handele. 2) Ein zweiter Aspekt  privater Internetnutzung sei der, dass der Arbeitgeberin dadurch Kosten entstünden, dass der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit anderen Beschäftigungen nachgehe und seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht vollumfänglich erbringe.

Unsubstantiierter Sachvortrag der Arbeitgeberin

Das LArbG Mainz rügte vor allem, dass die beklagte Arbeitgeberin ihrer Pflicht zu substantiiertem Sachvortrag nicht hinreichend nachgekommen sei, was gerade bei einer fristlosen Kündigung von enormer Wichtigkeit sei. Zwar führte sie aus, dass der Auszubildende während der Dienstzeit Porno-Seiten aufgerufen habe, überließ es aber dem Gericht, diese Besuche aus einer Vielzahl von Browserverlaufsaufzeichnungen des in Frage kommenden Rechners herauszusuchen. Auch ließ sie sich ein, der Kläger habe bei einem Internet-Versandhaus Waren auf ihre Rechnung zur privaten Verwendung bestellt, konnte aber nicht zur Überzeugung des Gerichts darlegen, dass die vorangegangenen Abmahnungen sich hierauf bezogen hätten. Dieser Nachweis konnte einzig in Bezug auf die private Internetnutzung geführt werden, die Gegenstand einer Abmahnung gewesen war. Gleichwohl konnte in diesem Zusammenhang nicht dargelegt werden, in welcher Menge Daten in das betriebseigene Computernetzwerk eingebracht wurden. Ebenso wenig konnte die Beklagte  Sachvortrag zu der Frage anbieten, inwieweit der Kläger seine arbeitsvertraglichen Pflichten wegen der privaten Internetnutzung vernachlässigt und somit Kosten für sie verursacht habe. Die vorgelegten Ausdrucke des Browserverlaufs jedenfalls ersetzten den Sachvortrag nicht, so dass die Beklagte ihrer von Gesetzes wegen obliegenden Darlegungslast in Hinblick auf die Glaubhaftmachung eines wichtigen Grundes zur außerordentlichen Beendigung des Ausbildungsverhältnisses nicht genügte.

Haftung des Arbeitgebers für Posting eines Mitarbeiters auf Facebook

Der Mitarbeiter eines Autohauses stellte auf seiner privaten Facebook-Seite ein Aktionsangebot seines Arbeitgebers ein und versah es mit einem Handy-Foto, sowie mit seiner dienstlichen Rufnummer für Rückfragen. Das Autohaus wusste nichts vom Übereifer seines Mitarbeiters und wurde von einer Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs wegen wettbewerbswidriger Werbung auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Zurechnung der Handlung des Mitarbeiters über § 8 Abs. 2 UWG

Der Mitarbeiter trug vor, den Eintrag auf seiner Facebook-Seite aus eigenem Interesse und privat für seine Freunde eingestellt zu haben, er sei nicht für die Öffentlichkeit sichtbar und auch nicht für diese bestimmt gewesen. Das Landgericht Freiburg stellte in seinem Urteil vom 04.11.2013, 12 O 83/13, dennoch fest, dass dies eine wettbewerbswidrige Handlung gewesen sei, welche der Autohausbetreiberin zugerechnet werden müsse. Die Bewerbung der Aktion sei keine private, sondern eine geschäftliche Handlung gewesen, wofür die Bebilderung des Postings mit einem Fahrzeug aus dem Ausstellungsraum spreche. Dieser geschäftliche Charakter werde außerdem durch die Bekanntgabe der dienstlichen Rufnummer des Mitarbeiters in der Anzeige getragen. Vor diesem Hintergrund gehe es um die Förderung des Warenabsatzes des Autohauses, in das der Mitarbeiter eingegliedert sei. Hierin liege keine bloß private Betätigung via Facebook, sondern ein Wettbewerbsverstoß, der dem Betriebsinhaber über die Vorschrift des § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnen sei. Es handele sich dabei um eine Erfolgshaftung ohne Entlastungsmöglichkeit, wonach der Betriebsinhaber auch für die ohne sein Wissen und gegen seinen Willen begangenen Wettbewerbsverstöße seines Mitarbeiters hafte.

Gefälligkeits-Entscheidung des BGH

Der BGH verneinte in seinem Urteil aus dem Jahre 2007 eine Zurechenbarkeit der Handlungen des Mitarbeiters auf den Arbeitgeber nach § 8 Abs. 2 UWG, wenn sich diese allein im privaten Bereich abspielten. Eine Zurechnung solle selbst dann nicht erfolgen, wenn die Tätigkeit ihrer Art nach zur Unternehmenstätigkeit gehöre. Das Landgericht bezog das Urteil des Bundesgerichtshofs in seine Entscheidung ein, befand es aber letztlich für nicht einschlägig, da die Handlungen des Mitarbeiters sich vorliegend gerade nicht im rein privaten Bereich erschöpften. Es blieb also bei der Zurechnung des Wettbewerbsverstoßes auf den Arbeitgeber, der das Posting weder veranlasst, noch Kenntnis davon hatte.

Installation von Anonymisierungssoftware rechtfertigt Kündigung

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Christoph J. Burgmer kommentiert ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts. BAG, Urteil vom 12.01.2006 – 2 AZR 179/05.

Installiert ein Arbeitnehmer unerlaubt ein „Anonymisierungsprogramm“ zum unbemerkten Surfen im Internet auf einem dienstlichen Computer, so liegt darin ein schwerer Pflichtverstoß, der zu einer Kündigung – auch ohne vorherige Abmahnung – führen kann.

Kündigung wegen Anonymisierungssoftware