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Voraussetzungen für Stellung als Einfirmenvertreter

Die Frage, ob Handelsvertreter vor den Arbeitsgerichten klagen und verklagt werden können oder auf den Zivilrechtsweg zu verweisen sind, ist Grundlage zahlreicher gerichtlicher Entscheidungen. Im Grundsatz sind die Zivilgerichte zuständig. Allerdings regelt § 5 Abs. 3 ArbGG eine Ausnahme von diesem Grundsatz. Gemäß dieser Vorschrift ist die arbeitsgerichtliche Sonderzuständigkeit für solche Handelsvertreter eröffnet, die als so genannte „Einfirmenvertreter“ handeln und nicht mehr als 1.000 Euro monatlich an Vergütung einschließlich Provision und Aufwendungsersatz bezogen haben. Das OLG Oldenburg befasste sich vor diesem Hintergrund mit der grundsätzlichen Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Handelsvertreter als Einfirmenvertreter anzusehen ist.


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Christoph J. Burgmer und Rechtsanwalt Hans Rüdiger Soltyszeck, LL.M., kommentieren einen Beschluss des OLG Oldenburg, 13. Zivilsenat, Beschluss vom 25.07.2014 – 13 W 9/14, in juris PR-ArbR 42/2014

Leitsätze

1. Zur Handelsvertretereigenschaft eines “Geschäftsstellenleiters”, der – zusätzlich zu seiner vermittelnden Tätigkeit als Handelsvertreter – durch einen gesonderten Vertrag mit der eigenverantwortlichen Führung der Geschäftsstelle eines Finanzdienstleistungsunternehmens betraut wird.

2. Aus einer Vertragsklausel, nach der der Handelsvertreter “während der Vertragszeit nur – hauptberuflich – für … [den Unternehmer] tätig sein” darf, ergibt sich ein Verbot der Tätigkeit für weitere Unternehmer und damit eine Stellung als Einfirmenvertreter i.S.d. § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB (Bestätigung von OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.05.2006 – 1 W 18/06 Rn. 13; gegen OLG Hamm, Beschl. v. 29.11.2010 – 18 W 61/10 Rn. 36).

3. Zur Berechnung der während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich bezogenen Vergütung (§ 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG).

A.     Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Klägerin betreibt unter anderem die Vermittlung von Verträgen über Finanzdienstleistungen. Die Beklagte war zunächst aufgrund eines „Consultantvertrags“ für die Klägerin tätig, in dem ihr auferlegt wurde, während der Vertragszeit nur – hauptberuflich – für die Klägerin tätig sein zu dürfen. Später betraute die Klägerin die Beklagte zusätzlich auf Grundlage eines „Geschäftsstellenleitervertrags“ mit der eigenverantwortlichen Führung der Geschäftsstelle. Nach Beendigung des Geschäftsstellenleitervertrags machte die Klägerin vertragliche Ansprüche auf Verlustausgleich geltend, da die Geschäftsstelle ein negatives Ergebnis erwirtschaftet habe.

Entgegen der Rüge der Beklagten erklärte das angerufene Landgericht den Rechtsweg zu den Zivilgerichten für zulässig. Auf die anschließende sofortige Beschwerde der Beklagten hin verwies das OLG Oldenburg den Rechtsstreit an das zuständige Arbeitsgericht.

In der Begründung stützte sich das Oberlandesgericht im Wesentlichen darauf, dass die Formulierung des Consultantvertrags, nach der der Consultant während der Vertragszeit nur – hauptberuflich – für die Klägerin tätig sein darf, ein Verbot der Tätigkeit für ein anderes Unternehmen i.S.d. § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB darstelle. Der einschränkende Zusatz „hauptberuflich“ ändere daran aufgrund der konkreten Klauselformulierung nichts.

B.     Kontext der Entscheidung

§ 13 GVG eröffnet den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten, wenn es sich um bürgerliche Streitigkeiten handelt. Hiervon abweichend bestimmt § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a ArbGG, dass für bürgerliche Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern die Arbeitsgerichte zuständig sind.

Arbeitnehmer ist nach Rechtsprechung des BAG derjenige Mitarbeiter, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt (BAG, Urt. v. 03.07.1985 – 5 AZR 69/84 Rn. 26; BAG, Urt. v. 13.01.1983 – 5 AZR 149/82 Rn. 25). Demgegenüber ist Handelsvertreter gemäß § 84 Abs. 1 HGB, wer als selbstständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen.

Das Merkmal der Selbstständigkeit in § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB bildet das grundsätzliche Unterscheidungskriterium. Demnach ist selbstständig, wer im Wesentlichen seine Tätigkeit frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Unselbstständig und deshalb persönlich abhängig ist im Gegenteil der Mitarbeiter, dem dies nicht möglich ist. Selbstständigen Handelsvertretern ist der Weg zu den Arbeitsgerichten damit grundsätzlich verwehrt.

Jedoch wird durch § 5 Abs. 3 ArbGG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a ArbGG, § 92a HGB eine arbeitsgerichtliche Sonderzuständigkeit für eine bestimmte Gruppe von Handelsvertretern eröffnet. Es handelt sich um eine Spezialregelung der Arbeitnehmerähnlichkeit, die abschließend ist und kein hilfsweises Zurückgreifen auf die allgemeinen Grundsätze der Arbeitnehmerähnlichkeit erlaubt (Bader in: Bader/Creutzfeld/Friedrich, ArbGG, 5. Aufl. 2008, § 5 Rn. 9; LArbG Frankfurt, Beschl. v. 06.11.2013 – 12 Ta 252/13).

Demnach sind für Streitigkeiten mit selbstständigen Handelsvertretern die Arbeitsgerichte nur dann zuständig, wenn sie zu dem in § 92a HGB angesprochenen Personenkreis gehören und wenn sie während der letzten sechs Monate im Durchschnitt nicht mehr als 1.000 Euro monatlich bezogen haben. Voraussetzung ist damit nach § 92a Abs. 1 HGB zunächst, dass es dem Handelsvertreter als sog. „Einfirmenvertreter“ nach dem Vertrag verboten ist, für weitere Unternehmen tätig zu werden. Das OLG Oldenburg hat hierzu in der vorliegenden Entscheidung herausgearbeitet, dass eine derartige Verbotsregelung nicht zwingend dadurch aufgehoben oder eingeschränkt wird, dass die Tätigkeit als „hauptberuflich“ bezeichnet wird. Denn daraus könne – je nach Art der konkreten Formulierung – nicht zwangsläufig gefolgert werden, dass für nebenberufliche Tätigkeiten dieses Verbot nicht besteht. Zudem kann sich bei mehreren nebeneinander bestehenden Verträgen das Vorliegen der genannten Voraussetzungen unter Umständen in einer Gesamtschau ergeben.

C.     Auswirkungen für die Praxis

Sinn und Zweck des § 92a HGB ist es, die besonders schutzwürdigen Einfirmenvertreter oder Mehrfirmen-​Versicherungsvertreter aufgrund ihrer besonders hohen Abhängigkeit vom Unternehmen zu schützen (BAG, Urt. v. 16.02.2012 – 8 AZR 98/11 Rn. 52). Dabei kann es nach fehlerfreier Wertung des Oberlandesgerichts nicht darauf ankommen, ob sich die Voraussetzungen des § 92a HGB aus einem oder aus dem Zusammenwirken mehrerer Verträge ergeben.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich für die Praxis, die beabsichtigten Verhältnisse zunächst in ihrer Gesamtschau klar zu definieren und sie anschließend im Wege möglichst eindeutiger Regelungen zu vereinbaren. Bei nachträglicher Veränderung oder Ergänzung bestehender Regelungen ist darauf zu achten, welche Wechselwirkungen sich im Einzelfall ergeben können, und insbesondere darauf, ob und inwieweit sich die Bindung des Handelsvertreters an den Unternehmer verändert. Dabei ist zu beachten, dass für die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmer und Handelsvertreter das Gesamtbild der Verhältnisse unter Berücksichtigung der tatsächlichen Durchführung maßgeblich ist und es nicht allein auf die von den Parteien gewählten Bezeichnungen oder die vorgenommene Einordnung des Vertrags ankommt.

D.     Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung

Entsprechend der Rechtsprechung des BGH (Beschl. v. 12.02.2008 – VIII ZB 3/07) bezog das Oberlandesgericht für die Ermittlung der während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses durchschnittlichen Monatsvergütung alle unbedingt entstandenen Vergütungsansprüche des Handelsvertreters mit ein. Auf den Einwand der Klägerin, dass hierbei vom Unternehmer erstattete Aufwendungen des Handelsvertreters nicht zu berücksichtigen seien, führte das Oberlandesgericht aus, dass derartige Erstattungen ohnehin nicht in den vertraglichen Regelungen zwischen den Parteien vorgesehen und von der Klägerin gezahlt worden seien.

Rechtswegzuständigkeit für Klagen von Handelsvertretern

Ein sowohl das Arbeitsrecht als auch das Handelsrecht betreffendes Thema ist die Unterscheidung zwischen Arbeitnehmer und Handelsvertreter. Die Abgrenzung wird insbesondere dann relevant, wenn es um die Frage des einzuschlagenden Rechtswegs geht. Grundsätzlich müssen Handelsvertreter vor den ordentlichen Gerichten klagen und verklagt werden. Für Verfahren von oder gegen Arbeitnehmer i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG gilt hingegen die Sonderzuständigkeit der Arbeitsgerichte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a ArbGG. Diese arbeitsgerichtliche Sonderzuständigkeit gilt gemäß § 5 Abs. 3 ArbGG auch für solche Handelsvertreter, die als Einfirmenvertreter handeln und nicht mehr als 1.000 Euro monatlich an Vergütung einschließlich Provision und Aufwendungsersatz bezogen haben.
Das LArbG Frankfurt setzte sich vor diesem Hintergrund mit der grundsätzlichen Frage auseinander, ob der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten auch für solche Handelsvertreter eröffnet sein kann, die zwar keine Arbeitnehmer gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG und auch keine Einfirmenvertreter gemäß § 5 Abs. 3 ArbGG sind, sondern sich allein auf ihre Eigenschaft als arbeitnehmerähnliche Personen gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG berufen.


Anmerkung zum Beschluss des LArbG Frankfurt vom 06.11.2013, 12 Ta 252/13 von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Christoph J. Burgmer und Rechtsanwalt Rüdiger Soltyszeck, LL.M.

Leitsatz

Liegen im Falle eines freien Handelsvertreters die Voraussetzungen der § 5 Abs. 3 ArbGG, § 92a HGB nicht vor, ist die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gegeben.

§ 5 Abs. 3 ArbGG enthält eine für Handelsvertreter in sich geschlossene Regelung, die der Regelung in § 5 Abs. 1 ArbGG für arbeitnehmerähnliche Personen vorgeht.

A.     Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Kläger berief sich in der Beschwerdeinstanz weder auf den Fortbestand des früheren Anstellungsvertrags noch darauf, entgegen der Absprachen im Handelsvertretervertrag nach den tatsächlichen Umständen als weisungsabhängiger Arbeitnehmer beschäftigt gewesen zu sein. Er machte lediglich noch geltend, im Vertragsverhältnis mit der Beklagten den Status einer arbeitnehmerähnlichen Person gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG gehabt zu haben.

Die Beklagte betreibt bundesweit Einzelhandelsgeschäfte für Lebensmittel. Nachdem der Kläger zunächst im Jahr 2005 als filialverantwortlicher Marktleiter angestellt worden war, hoben die Parteien einvernehmlich im Jahr 2010 diesen Arbeitsvertrag auf und schlossen gleichzeitig einen Handelsvertretervertrag nebst Zusatzverträgen (Untermietvertrag für die Geschäftsräume, Mietvertrag über Inventar), auf dessen Grundlage der Kläger die Filiale als selbstständiger „Marktinhaber“ führte.

Später erhob der Kläger Klage auf Zahlung der Differenz zwischen seiner vorherigen Vergütung als Arbeitnehmer und dem später erzielten Handelsvertretereinkommen. In diesem Rahmen waren auch die Frage der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers und die damit zusammenhängende Frage des Rechtswegs zu klären.

Der Kläger vertrat die Ansicht, er sei auch nach Abschluss des Handelsvertretervertrages arbeitnehmerähnliche Person gewesen, da sich in seinem Arbeitsalltag gegenüber seiner angestellten Tätigkeit als Marktleiter nichts geändert habe. Hingegen war die Beklagte der Ansicht, zwischen den Parteien habe ein freies Handelsvertreterverhältnis bestanden.

Das ArbG Wiesbaden hat die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte für die vom Kläger eingereichte Zahlungsklage verneint und den Rechtsstreit an das LG Fulda verwiesen. Das LArbG Frankfurt hat die sofortige Beschwerde des Klägers als unbegründet zurückgewiesen.

In der Begründung stützte sich das Gericht im Wesentlichen darauf, dass § 5 Abs. 3 ArbGG der Anwendung des § 5 Abs. 1 ArbGG entgegenstehe, da § 5 Abs. 3 ArbGG für Handelsvertreter als lex specialis gegenüber den Grundsätzen zum Status der arbeitnehmerähnlichen Person in § 5 Abs. 1 ArbGG angesehen werde. Der Kläger erfülle zudem nicht die Voraussetzungen, um gemäß § 5 Abs. 3 ArbGG, § 92a HGB trotz seiner Stellung als Handelsvertreter als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes angesehen werden zu können.

B.     Kontext der Entscheidung

Gemäß § 13 GVG ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten grundsätzlich dann eröffnet, wenn es sich um bürgerliche Streitigkeiten handelt. Hiervon abweichend bestimmt § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a ArbGG, dass bürgerliche Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern vor dem Arbeitsgericht auszutragen sind.

Handelsvertreter ist gemäß § 84 Abs. 1 HGB, wer als selbstständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen.

Arbeitnehmer ist nach der ständigen Rechtsprechung des BAG derjenige Mitarbeiter, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt (BAG, Urt. v. 03.07.1985 – 5 AZR 69/84 Rn. 26; BAG, Urt. v. 13.01.1983 – 5 AZR 149/82 Rn. 25). Insoweit enthält § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ein typisches Abgrenzungsmerkmal. Nach dieser Bestimmung ist selbstständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Unselbstständig und deshalb persönlich abhängig ist also der Mitarbeiter, dem dies nicht möglich ist. Diese unmittelbar nur für die Abgrenzung des selbstständigen Handelsvertreters vom abhängig beschäftigten Handlungsgehilfen geltende Regelung enthält über diesen unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus eine allgemeine gesetzgeberische Wertung, die bei der Abgrenzung des Dienstvertrages vom Arbeitsvertrag zu beachten ist, zumal dies die einzige Norm ist, die Kriterien hierfür enthält (BAG, Urt. v. 13.01.1983 – 5 AZR 149/82 Rn. 25). Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, dass ein Arbeitnehmer hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der versprochenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Eine fachliche Weisungsgebundenheit tritt häufig hinzu; sie ist andererseits für Dienste höherer Art nicht immer typisch (BAG, Urt. v. 13.01.1983 – 5 AZR 149/82 Rn. 26).

Das Kriterium der Selbstständigkeit bildet daher das zentrale Merkmal für die Abgrenzung zwischen dem Handelsvertreter und dem Arbeitnehmer sowie anderen unselbstständigen Hilfspersonen, wie dem Handlungsgehilfen gemäß § 59 HGB.

Bei der für die Zuständigkeit der Zivil- bzw. der Arbeitsgerichte bedeutsamen Abgrenzung von selbstständigen Handelsvertretern (§ 81 Abs. 1 HGB) und Unselbstständigen i.S.v. § 84 Abs. 2 HGB, § 5 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 ArbGG bzw. Einfirmenvertretern (§ 92a Abs. 1 HGB) ist weder allein auf die von den Parteien vorgenommene Einordnung des Vertrags oder die dabei gewählte Bezeichnung noch isoliert auf die tatsächliche Durchführung des Vertrags, sondern auf das Gesamtbild der Verhältnisse unter Würdigung sowohl der Vertragsgestaltung als auch der tatsächlichen Handhabung des Vertrags abzustellen (BGH, Beschl. v. 04.03.1998 – VIII ZB 25/97 Rn. 5, 6; Bitz in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 4. Aufl. 2012, § 13 Rn. 14).

Selbstständigen Handelsvertretern bleibt der Weg zu den Arbeitsgerichten damit grundsätzlich versagt. Jedoch eröffnet § 5 Abs. 3 ArbGG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a ArbGG, § 92a HGB eine arbeitsgerichtliche Sonderzuständigkeit für eine bestimmte Gruppe von Handelsvertretern.

Denn gemäß § 5 Abs. 3 ArbGG gelten Handelsvertreter dann als Arbeitnehmer im Sinne des ArbGG, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1 000 Euro aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben.

Darüber hinaus kann sich ein Handelsvertreter nicht auf die arbeitsgerichtliche Rechtswegeröffnung des § 5 Abs. 1 ArbGG berufen. Denn, wie das LArbG Frankfurt vorliegend in Übereinstimmung mit dem LArbG Hamm (Beschl. v. 20.09.2004 – 2 Ta 644/03) herausstellt, steht der Anwendung des § 5 Abs. 1 ArbGG die Vorschrift des § 5 Abs. 3 ArbGG entgegen. Dieser sperrt als speziellere Regelung für Handelsvertreter die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1 ArbGG. Bereits 1961 hat das BAG zu Art. 3 Abs. 1 HdlVertrG, der Vorgängernorm des § 5 Abs. 3 ArbGG entschieden, dass diese Regelung als Spezialvorschrift der Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG entgegensteht (BAG, Urt. v. 15.07.1961 – 5 AZR 472/60 Leitsatz 3). Diese Auffassung wird vom BGH geteilt (BGH, Beschl. v. 25.10.2000 – VIII ZB 30/00 Rn. 13).

C.     Auswirkungen für die Praxis

Auch wenn die vorliegend dieser Entscheidung zentral zugrundeliegende Rechtsfrage seit den Sechzigerjahren geklärt scheint, beschäftigt noch heute die Abgrenzungsfrage die erst- und zweitinstanzlichen Gerichte. Um derartige Streitigkeiten zu vermeiden, empfiehlt es sich, möglichst eindeutige vertragliche Regelungen zu treffen. Dabei ist zu beachten, dass es für die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmer und Handelsvertreter nicht allein auf die von den Parteien gewählten Bezeichnungen oder die vorgenommene Einordnung des Vertrags ankommt, sondern das Gesamtbild der Verhältnisse unter Berücksichtigung der tatsächlichen Durchführung maßgeblich ist.