Tag Archive for: Entgeltfortzahlung

Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei zweiter Erkrankung

Erneut krank während Arbeitsunfähigkeit: Wieder sechs Wochen Entgeltfortzahlung?

Voraussetzung für das Entstehen eines erneuten sechswöchigen Entgeltfortzahlungsanspruchs aufgrund einer anderen Erkrankung ist die Arbeitsfähigkeit zwischen den Erkrankungen. Ohne Bedeutung ist dabei, ob der Arbeitnehmer während dieser Arbeitsfähigkeit tatsächlich gearbeitet hat. Der Arbeitnehmer muss die zwischenzeitliche Arbeitsfähigkeit jedoch beweisen.

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bei selbst verschuldeter Arbeitsunfähigkeit

Das in § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG erwähnte Verschulden des Arbeitnehmers entspricht nicht dem in § 276 BGB definierten Begriff über die Verantwortlichkeit des Schuldners. Im Entgeltfortzahlungsrecht wird vielmehr nur ein solches Verhalten als anspruchsausschließend bewertet, bei welchem es sich um einen groben Verstoß gegen das eigene Interesse eines verständigen Menschen handelt.

Eigenverschulden des Arbeitnehmers

In dem Fall, den das LAG Köln mit Urteil vom 19.04.2013 (7 Sa 1204/11) zu entscheiden hatte, ging es um die Frage, wann ein Eigenverschulden des Arbeitnehmers den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ausschließt. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG entsteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nämlich nur, wenn dem Arbeitnehmer kein Verschulden trifft. Die erkrankte Arbeitnehmerin arbeitete im konkreten Fall im Restaurant des Arbeitgebers. Dort rutschte sie auf nassem Boden aus, so dass sie vier Wochen arbeitsunfähig erkrankte. Der Arbeitgeber wollte für diesen Zeitraum keine Entgeltfortzahlung leisten, da er der Meinung war, die Arbeitnehmerin habe ihre Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet. Sie habe nämlich Stoffturnschuhe mit glatten Sohlen getragen, obwohl sie bereits am Vortage des Unfalls zu verschiedenen Zeiten von zwei verschiedenen Vorgesetzten unabhängig voneinander darauf angesprochen worden sei, dass ihre Schuhe nicht ausreichend rutschfest seien. Gleichwohl sei die Arbeitnehmerin am Unfalltage wiederum mit denselben ungeeigneten Schuhen zur Arbeit erschienen. Die Arbeitnehmerin bestritt hingegen, ungeeignetesSchuhwerk getragen zu haben.

Leichtsinniges Verhalten erfüllt nicht den Ausschlusstatbestand

Das LAG Köln gab der Arbeitnehmerin recht. Sie habe einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Ob sie an dem Tag tatsächlich Stoffturnschuhe mit glatter Sohle getragen habe, war nach Auffassung des LAG unerheblich. Selbst wenn man nämlich unterstellen würde, sie habe dieses ungeeignete Schuhwerk getragen, bestünde trotzdem der Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Das in § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG erwähnte Verschulden des Arbeitnehmers entspreche nicht dem in § 276 BGB definierten Begriff. Im Entgeltfortzahlungsrecht werde vielmehr nur ein solches Verhalten als anspruchsausschließend bewertet, das einen groben Verstoß gegen das eigene Interesse eines verständigen Menschen darstelle. Ein im allgemeinen Sprachgebrauch als leichtsinnig bezeichnetes Verhalten erfülle den Ausschlusstatbestand des § 3 Abs. 1S. 1 EFZG daher noch nicht. Erforderlich ist nach dem LAG also vielmehr ein besonders leichtfertiges oder gar vorsätzliches Verhalten des Arbeitnehmers, welches dann auch darin bestehen kann, dass der Arbeitnehmer in grober Weise seiner Sicherheit dienende Anordnungen des Arbeitgebers nicht beachtet.

Stoffschuhe sind nicht per se ungeeignetes Schuhwerk

Bei Stoffschuhen handele es sich jedoch nicht per se um ungeeignetes Schuhwerk (anders als bspw. bei Stöckelschuhen). Außerdem habe sich der Gefahrenbereich des feucht aufgewischten Fußbodens in dem auch den Gästen des Restaurants zugänglichen Bereich befunden. Wären die Gefahren, die aus dem Betreten des feuchten Restaurantbodens mit derartigen Schuhen entstehen können, tatsächlich so naheliegend und so groß, hätte die Beklagte den Gefahrenbereich für ihre Kunden unbedingt unzugänglich halten müssen.

Freiwilliges Weihnachtsgeschenk unterliegt nicht der Entgeltfortzahlung

Die Arbeitgeberin hatte zu einer betrieblichen Weihnachtsfeier eingeladen und allen Anwesenden, was vorab nicht angekündigt worden war, ein iPad mini zu einem Wert von jeweils € 429,00 geschenkt. Die Arbeitnehmer, die nicht zur Weihnachtsfeier erschienen waren, gingen leer aus. Einer von ihnen war im Zeitpunkt der Weihnachtsfeier arbeitsunfähig erkrankt und fühlte sich ungerecht behandelt. Er klagte auf Übereignung eines iPad mini, da es sich tatsächlich um eine Anwesenheitsprämie gehandelt habe, die als Vergütungsbestandteil entgeltfortzahlungspflichtig sei. Seine Klage wurde vor dem ArbG Köln, Urteil vom 09.10.2013, 3 Ca 1819/13, abgewiesen.

§ 3 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz) ist keine Anspruchsgrundlage für die Übereignung des iPad mini

Die Arbeitgeberin ließ sich ein, dass es sich bei dem iPad mini nur um ein „Geschenk“ gehandelt habe. Sie habe damit die Attraktivität der betrieblichen Veranstaltungen und das Betriebsklima steigern wollen. Das ArbG Köln führte zwar aus, dass es sich bei dem iPad mini nicht um ein Geschenk gehandelt habe, da die zugewandte Leistung einen Bezug zum Arbeitsverhältnis -die Verbesserung des Betriebsklimas- aufgewiesen habe und nur solche Leistungen, bei denen dieser Bezug fehle, als Geschenk gesehen werden dürften. Gleichwohl sei keine Anspruchsgrundlage für die Übereignung eines iPads auch an den Kläger ersichtlich. § 3 EFZG sei nicht einschlägig, da die Entgeltspflicht im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Arbeitspflicht des Arbeitnehmers stehe und die teilnehmenden Arbeitnehmer durch ihre Anwesenheit auf der Weihnachtsfeier keine Arbeitsleistung erbracht hätten. Die Teilnahme sei freiwillig gewesen und habe somit außerhalb des vertraglichen Austauschverhältnisses von Entgelt und Arbeitsleistung stattgefunden.

§ 4a EFZG scheidet ebenfalls als Anspruchsgrundlage aus

Die iPads seien keine Sondervergütung und insbesondere keine Anwesenheitsprämie im Sinne des § 4a EFZG, so das ArbG Köln. Eine Sondervergütung könne zwar auch eine Anwesenheitsprämie sein, aber nur dann, wenn dem Arbeitnehmer ein Anreiz geboten werden solle, die Zahl seiner berechtigten oder unberechtigten Fehltage im Bezugszeitraum möglichst gering zu halten. Hiervon könne vorliegend keine Rede sein. Die Beklagte (Arbeitgeberin) habe ein freiwilliges Engagement für das Miteinander im Betrieb außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit prämieren wollen, weshalb es sich bei den iPads um eine Zuwendung eigener Art außerhalb des Arbeitsverhältnisses und nicht um eine Sondervergütung in der Form einer Anwesenheitsprämie gehandelt habe.

Auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz

Das Gleichbehandlungsgebot könne schon deshalb nicht verletzt worden sein, weil der Veranstaltungszweck, die Motivation der Mitarbeiter zur Teilnahme an Betriebsveranstaltungen, legitim und die unterschiedliche Behandlung von Teilnehmern und Nichtteilnehmern eine sachgerechte Differenzierung gewesen sei, so das ArbG in der Begründung seines Urteils.