Tag Archive for: Betriebsratsarbeit

Betriebsrat muss kostengünstig handeln

Die Arbeitgeberin hatte ohne Beteiligung des Betriebsrats u.a. eine Leistungszulage eingeführt, sowie Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge gekürzt. Der Betriebsrat wollte nun wissen, ob ihm nicht ein Mitbestimmungsrecht in Bezug auf die genannten Regelungen zugestanden hätte und beanspruchte die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts als Sachverständiger nach § 80 Abs. 3 BetrVG. Dieser sollte das Bestehen oder Nichtbestehen eines Mitbestimmungsrechts klären. Die Arbeitgeberin verweigerte die Hinzuziehung eines Sachverständigen. Das LArbG und das BAG lehnten den Antrag des Betriebsrats ebenfalls ab, Beschluss des BAG vom 25.06.2014, 7 ABR 70/12.

Es gibt keinen Grundsatz, die Mitglieder des Betriebsrats zunächst „schulen“ zu müssen

Die Arbeitgeberin argumentierte, Mitbestimmungsrechte seien in den vorliegenden Sachverhalten nicht berührt. Das Landesarbeitsgericht stellte darauf nicht ab, sondern verweigerte dem Betriebsrat das Sachverständigengutachten, weil dieser die erforderlichen Kenntnisse durch eine Schulung selbst hätte erwerben können. Dieser Auffassung widersprach das BAG. Es gebe keinen allgemeinen Grundsatz, wonach sich ein Betriebsrat das „Rüstzeug“ für die Wahrnehmung seiner Aufgaben durch Schulungen seiner Mitglieder verschaffen müsse, bevor er beanspruchen könne, einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Daraus, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens entbehrlich sein könne, wenn Betriebsratsmitglieder selbst über die erforderliche Sachkenntnis verfügen, könne nicht geschlossen werden, dass der Betriebsrat seine Mitglieder stets vorab zu schulen habe, um dann später auf deren Expertise zurückzugreifen.

§ 40 Abs. 1 BetrVG (Kosten und Sachaufwand des Betriebsrats) als kostengünstigerer Weg

Das BAG verneinte dennoch einen Anspruch auf Hinzuziehung eines Sachverständigen. Dies sei nicht der vom Gesetz vorgesehene Weg, wenn außergerichtlich über die Mitbestimmung in einer konkreten Angelegenheit gestritten werde. Vielmehr sei der Betriebsrat in solch einer Situation gehalten, einen Rechtsanwalt im Rahmen des § 40 Abs. 1 BetrVG zu beauftragen, Bestehen und Umfang des in Betracht kommenden Mitbestimmungsrechts zu prüfen (nach dieser Vorschrift trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten). Ein Vorgehen nach § 40 Abs. 1 BetrVG sei regelmäßig weniger zeitaufwendig, effizienter und damit auch kostensparender gegenüber einem gerichtlichen Beschlussverfahren, welches darauf abziele, die Arbeitgeberin zu verpflichten, die von ihr verweigerte Zustimmung zur Hinzuziehung eines Sachverständigen zu erteilen. Im Übrigen sei die Anwendbarkeit des § 80 Abs. 3 BetrVG sehr begrenzt, wie der vorliegende Fall erneut zeige, so das BAG.

Mitbestimmung bei Anbringung einer Video-Kameraattrappe

Die Arbeitgeberin brachte am Hintereingang des Betriebsgebäudes eine Video-Kameraattrappe zur vermeintlichen Überwachung des Eingangsbereichs an. Der Betriebsrat sah darin einen zustimmungspflichtigen Tatbestand im Sinne von § 87 BetrVG und stellte beim Arbeitsgericht den Antrag, eine Einigungsstelle einzurichten. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Arbeitgeberin war vor dem LArbG Rostock erfolgreich, Beschluss vom 12.11.2014, 3 TaBV 5/14.

LArbG Rostock hielt Einigungsstelle für offensichtlich unzuständig

Das Arbeitsgericht Rostock hatte dem Antrag auf Einrichtung einer Einigungsstelle zuvor stattgegeben, da nicht von einer offensichtlichen Unzuständigkeit gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 ArbGG auszugehen sei. Anders das LArbG Rostock als Beschwerdeinstanz, welches von einer Unzuständigkeit der Einigungsstelle ausging. Diese sei dann gegeben, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht auf festgestellter Tatsachengrundlage sofort erkennbar sei, dass ein Mitbestimmungsrecht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage komme. Da es sich lediglich um die Attrappe einer Überwachungskamera handele, gehe von dieser auch keine Kontrollwirkung aus, so dass auch kein mitbestimmungspflichtiger Tatbestand vorliege.

Kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG oder § 87 Abs. 1 Satz 1 BetrVG

87 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sei nicht einschlägig, da eine Attrappe keine Auswirkungen auf das innerbetriebliche Zusammenleben der Arbeitnehmer entfalte. Die Nutzung des Hinterausgangs sei für die Arbeitnehmer nach wie vor möglich, ohne neuen Regeln des Zusammenlebens unterworfen zu sein, die vom Betriebsrat mitgestaltet werden könnten, so das LArbG. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG sei auch nicht betroffen, denn dieser wolle das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer vor Eingriffen durch anonyme technische Kontrolleinrichtungen schützen. Eine Attrappe könne jedoch erkennbar nicht in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer eingreifen, da sie objektiv schon nicht geeignet sei, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Durch die Attrappe werde gerade nicht kontrolliert, wer das Gebäude wann durch den Hintereingang verlasse. Somit fehle es ganz grundsätzlich an dem Merkmal der Kontrollwirkung, das aber Voraussetzung sei, um die Mitbestimmungspflicht des Betriebsrats auszulösen. Mangels eines mitbestimmungspflichtigen Tatbestands war die gegen die Entscheidung des ArbG Rostock gerichtete Beschwerde vor dem LArbG Rostock vollumfänglich erfolgreich.

Koppelungsgeschäfte für den Betriebsrat zulässig?

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Christoph J. Burgmer berichtet über den Beschluss des LArbG Frankfurt vom 13.10.2005– 5/9 TaBV 51/05.

Der Betriebsrat darf seine Zustimmung zur der vom Arbeitgeber beantragten Maßnahme gem. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG von Bedingungen abhängig machen, wenn diese Bedingungen einen sachlichen Bezug zum Zweck des Mitbestimmungsrechts haben.

Koppelungsgeschäfte des Betriebsrats

Betriebsrat kann keine individuellen Ansprüche geltend machen

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Christoph J. Burgmer berichtet über einen Beschluss des Bundesarbeitsgerichts. BAG, Beschluss vom 18.01.2005 – 3 ABR 21/04.

Ein Betriebsrat kann nicht in eigenem Namen in einem Beschlussverfahren die Ansprüche geltend machen, die einzelnen Arbeitnehmern aus einer Betriebsvereinbarung zustehen.

Betroffenheit des Betriebsrats in eigenen Rechten