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Selbstmord angedroht: Fristlose Kündigung kann gerechtfertigt sein

Ein Rechtsbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt Christoph J. Burgmer

Landesbediensteter droht Arbeitgeber in der Wiedereingliederung mit Selbstmord

Der Kläger des zu entscheidenden Falles war seit Juni 1992 beim beklagten Land Hessen als Straßenwärter in der Baubehörde Hessen beschäftigt. Über längere Zeiträume war er aufgrund psychischer Erkrankungen arbeitsunfähig. Im Frühjahr 2013 begab er sich daher in stationäre Behandlung, wo er schließlich als arbeitsunfähig entlassen und einer schwerbehinderten Person gleichgestellt wurde.
Daraufhin nahm der Arbeitnehmer im Sommer 2013 an einem betrieblichen Eingliederungsmanagement (bEM) teil. Als dort im Rahmen eines Gespräches Möglichkeiten für eine weitere Beschäftigung des Mannes erörtert werden sollten, äußerte sich dieser in einer Weise, die von den anderen Teilnehmern als eine Drohung mit Selbstmord oder Amok aufgefasst wurde. Die Ärzte der psychiatrischen Ambulanz eines Krankenhauses, in das der Kläger mit seinem Einverständnis gebracht worden war, bescheinigten ihm allerdings, dass er sich glaubhaft von selbst- oder fremdgefährdenden Tendenzen distanziert habe.
Das Land Hessen kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 11.09.2013 fristlos aus wichtigem Grund – der Mann habe schwere Drohungen ausgesprochen und damit erreichen wollen, nicht wieder als Straßenwärter eingesetzt zu werden.
Das Arbeitsgericht wies die dagegen erhobene Kündigungsschutzklage ab, vor dem Landesarbeitsgericht war die Berufung des Klägers allerdings erfolgreich. Dieses Urteil wurde nun vom Bundesarbeitsgericht aufgehoben. Es verwies den Fall zur erneuten Verhandlung an das Landesarbeitsgericht zurück.

Wirksamkeit der fristlosen Kündigung unklar

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass nicht feststehe, ob das Arbeitsverhältnis tatsächlich durch die fristlose Kündigung aufgelöst worden sei.
Zunächst gehe das Landesarbeitsgericht zwar zutreffend davon aus, dass eine ernstzunehmende Drohung eines Arbeitnehmers mit Gefahren für Leib oder Leben des Arbeitgebers oder von Kollegen einen wichtigen Grund für eine Kündigung darstellen könne. Es liege eine erhebliche Verletzung der vertraglichen Nebenpflicht aus § 241  Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) vor, Rücksicht auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers zu nehmen. Das Gewicht der Drohung werde im konkreten Fall noch dadurch verstärkt, dass der Arbeitnehmer damit ein bestimmtes Ziel – nicht mehr als Straßenwärter arbeiten zu müssen – erreichen wollte.
Das Landesarbeitsgericht habe aber nicht ausreichend aufgeklärt, ob die Drohung mit dem Selbstmord tatsächlich ernstlich gewesen sei – und damit, ob ein wichtiger Grund für eine Kündigung im Sinne der § 34 Abs. 2 Satz 1 des Tarifvertrages für den Öffentliche Dienst des Landes Hessen und § 626 Abs. 1 BGB gegeben sei. Davon könne nicht allein aufgrund der ärztlichen Beurteilung ausgegangen werden. Es komme vielmehr darauf an, ob ein normal empfindender Mensch die Aussagen nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt als ernstlich ansehen durfte. Außerdem müsse sich der Wille des Erklärenden darauf beziehen, erstgenommen zu werden. Ob der Arbeitnehmer seine Drohung dann auch tatsächlich wahrmachen könne oder wolle, sei dafür aber nicht entscheidend.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.06.2017, Az.: 2 AZR 47/16

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