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Kündigung bei Insolvenz: Was ist zu beachten?

Ein Rechtsbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt Christoph J. Burgmer

Darf ein (vorläufiger) Insolvenzverwalter kündigen?

Der vorläufige Insolvenzverwalter hat für gewöhnlich nicht die Befugnis, Kündigungen auszusprechen. Seine Aufgabe ist zunächst die Sicherung der Vermögensmasse des Arbeitgebers und die Prüfung, ob ein Insolvenzverfahren durchgeführt werden kann. Dies kann aber ausnahmsweise anders sein, wenn das Insolvenzgericht einen sogenannten „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalter mit weitreichenden Befugnissen bestellt (§ 22 Absatz 1 InsO) – dieser kann eventuell bereits wirksame Kündigungen aussprechen. Im Zweifel hilft hier ein Blick in den gerichtlichen Beschluss über die Bestellung und die Befugnisse des vorläufigen Insolvenzverwalters weiter.

Kündigungsgründe vor und in der Insolvenz

Anders liegt es beim eigentlichen Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren: er kann grundsätzlich Kündigungen aussprechen.
Die Insolvenz „als solche“ ist aber kein Kündigungsgrund. Nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) kann der Arbeitgeber nur kündigen, wenn die Kündigung sozial gerechtfertigt ist; insbesondere muss die Kündigung auf personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe gestützt werden können (§ 1 KSchG). Bei Personen mit besonderem Kündigungsschutz (etwa Arbeitnehmern in Elternzeit, Schwerbehinderten oder Frauen im Mutterschutz) ist der Arbeitgeber zudem verpflichtet, ggf. erforderliche behördliche Zustimmungen zu einer Kündigung einzuholen. Auch muss der Betriebsrat (sofern vorhanden) vor Ausspruch der Kündigung angehört werden.
Diese Grundsätze gelten zunächst einmal ganz genauso für eine Kündigung bei Insolvenz des Arbeitgebers. Relevant ist hier insbesondere die Kündigung aus betrieblichen Gründen. Der Insolvenzverwalter muss dabei (wie auch jeder Arbeitgeber) im Rahmen der Kündigung deutlich machen, dass der Beschäftigungsbedarf für den gekündigten Arbeitnehmer entfallen ist, es keine andere vergleichbare, geeignete Beschäftigungsmöglichkeit für ihn gibt, und dass eine ordnungsgemäße Sozialauswahl stattgefunden hat. Entspricht die Kündigung diesen Anforderungen nicht, ist sie unwirksam. Es kann dann eine Kündigungsschutzklage erhoben werden (dazu ergänzend unten, letzter Absatz).

Vereinfachte Kündigung bei Insolvenz

Es gibt allerdings einige Besonderheiten, die die Kündigung von Arbeitnehmern im Insolvenzverfahren erleichtern und so den Insolvenzverwalter besonders flexibel und handlungsfähig machen sollen. Das Ziel des Insolvenzverfahrens ist nämlich, das Unternehmen des Arbeitgebers – wenn möglich – zu sanieren, anstatt es direkt abzuwickeln. Dazu kann es im Insolvenzverfahren allerdings erforderlich sein, rasche Umstrukturierungsmaßnahmen in die Wege zu leiten, um das Fortbestehen des Unternehmens zu sichern.

  1. Kürzere Kündigungsfristen

Der Insolvenzverwalter kann allen Arbeitnehmern mit einer verkürzten Kündigungsfrist von maximal drei Monaten kündigen (§ 113 InsO). Die verkürzte Kündigungsfrist gilt auch für befristete Verträge, die grundsätzlich nicht vor Ablauf der Vertragslaufzeit kündbar wären. Zum anderen stellt die InsO klar, dass sogar arbeitgeberseitig unkündbare Arbeitsverhältnisse – etwa wegen eines vertraglichen oder tarifvertraglichen Kündigungsausschlusses – mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden dürfen.
Es sei nochmals betont, dass trotz der erheblich kürzeren Kündigungsfrist nach § 113 InsO der Insolvenzverwalter gleichwohl an die Kündigungsschutzvorschriften gebunden ist, er insbesondere also einen Kündigungsgrund nachweisen können muss, der die Kündigung sozial rechtfertigt.
Bei einer Kündigung mit der nach § 113 InsO verkürzten Frist können Arbeitnehmern ggf. Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber zustehen, etwa wenn sie durch die kurze Kündigungsfrist nicht rechtzeitig eine neue Stelle finden konnten und so einen Verdienstausfall erleiden (§ 113 S. 3 InsO). Ob sich hier ein entsprechendes rechtliches Vorgehen lohnt, sollte jedoch genau überlegt werden – denn die Schadensersatzforderung gegen den Insolvenzverwalter wäre lediglich eine Insolvenzforderung, die sich in der Regel nur zu einem geringen Anteil realisieren lassen dürfte.

  1. Gerichtliches Beschlussverfahren nach § 126 InsO

Der Insolvenzverwalter kann, um Betriebsänderungen (z.B. Stilllegungen, Zusammenlegungen, Verlegungen des Betriebs oder wesentlicher Betriebsteile; § 111 BetrVG) rasch umsetzen zu können, unter bestimmten Voraussetzungen auch ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren anstrengen, um zeitnah wirksame Kündigungen gegen Arbeitnehmer zu erreichen. Dieses Verfahren steht ihm dann offen, wenn der Betrieb entweder keinen Betriebsrat hat oder ein Interessenausgleich mit dem Betriebsrat nicht zeitnah zustande gekommen ist (§ 126 Absatz 1 InsO). Das Ziel dieses Beschlussverfahrens nach § 126 InsO ist es, dem Insolvenzverwalter eine zeitnahe Umsetzung von Betriebsänderungen zu ermöglichen und etwaige Verzögerungen durch gerichtliche Verfahren zu vermeiden.
Der Insolvenzverwalter kann dementsprechend beim Arbeitsgericht die Feststellung beantragen, dass „die Kündigung der Arbeitsverhältnisse bestimmter, im Antrag bezeichneter Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt und sozial gerechtfertigt ist“ (§ 126 InsO). Das Gericht überprüft dann die soziale Rechtfertigung einer Kündigung der benannten Arbeitnehmer. Die betroffenen Arbeitnehmer müssen in diesem Verfahren angehört werden. Entscheidet das Gericht dann rechtskräftig über den Antrag des Insolvenzverwalters und entspricht seinem Antrag, so ist diese Entscheidung bindend. Das bedeutet, dass ein Arbeitnehmer, der anschließend gegen seine Kündigung Kündigungsschutzklage erheben will, diese nicht mehr darauf stützen kann, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt war; es können nur noch andere Unwirksamkeitsgründe geltend gemacht werden.
3. Kündigungsschutzklage im Insolvenzverfahren – was ist zu beachten?
Arbeitnehmer, die gegen eine Kündigung bei Insolvenz ihres Arbeitgebers vorgehen möchten, müssen insbesondere beachten, dass die Klage gegen den Insolvenzverwalter zu richten ist, nicht gegen den Arbeitgeber. Es ist außerdem die „normale“ 3-Wochen-Frist nach § 4 KSchG für die Klageerhebung zu beachten (Fristlauf ab Zugang der Kündigung). In jedem Fall empfiehlt sich vor einem klageweisen Vorgehen eine Beratung durch einen fachkundigen Rechtsanwalt.

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