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Entbehrlichkeit der Abmahnung bei Kündigung wegen psychischer Erkrankung?

Ein Rechtsbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt Christoph J. Burgmer

Klägerin war in psychologischer Behandlung und nahm Medikamente ein

Die Klägerin war, zwischen den Parteien unstreitig, psychisch erkrankt. Als sie den im letzten gemeinsamen Gespräch mit der Arbeitgeberin vereinbarten Nachweis einer psychologischen Untersuchung nicht beibrachte, erhielt sie nach vorheriger Anhörung der Betriebsvertretung eine außerordentliche Kündigung. Das Arbeitsverhältnis sollte nach einer tariflichen sozialen Auslauffrist von sieben Monaten enden. Die Arbeitnehmerin erhob eine Kündigungsschutzklage und obsiegte in bislang zwei Instanzen, zuletzt vor dem LArbG Frankfurt, Urteil vom 18.03.2014, 13 Sa 1207/13. Die Klägerin fühlte sich verfolgt. Sie äußerte gegenüber ihren Vorgesetzten, sie werde am Arbeitsplatz fotografiert und abgehört. Klägerin und Beklagte einigten sich darauf, dass die Klägerin sich einer psychologischen Behandlung unterziehen solle, was diese auch tat. In einem späteren Gespräch gab die Klägerin erneut an, am Arbeitsplatz verfolgt zu werden. Ihre psychischen Probleme hätten mit Belästigungen und Stalking durch Arbeitskollegen zu tun. Sie gab indes auf Nachfragen der Beklagten zu, die im Rahmen der psychologischen Behandlung verordneten Medikation eigenmächtig abgesetzt zu haben. Nachdem die Klägerin längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt war, kam es erneut zu Gesprächen mit der Beklagten, in denen die Klägerin ihre Vorwürfe wiederholte. Klägerin und Beklagte einigten sich schließlich auf eine Fortsetzung der begonnenen psychologischen Behandlung. Die Klägerin sollte als Nachweis der Behandlung eine Überweisung ihres Hausarztes zu einer psychologischen Untersuchung beibringen. Obwohl diese sich gesund wähnte, willigte sie zwar ein, erbrachte den Nachweis aber nicht. Die Beklagte nahm dieses Verhalten zum Anlass, das Arbeitsverhältnis ohne vorhergehende Abmahnung nach Anhörung der Betriebsvertretung zu kündigen. Das irrationale Verhalten der Klägerin führe zu einem Arbeitsklima der Verängstigung und Verunsicherung bei den übrigen Mitarbeitern. Ein normales Zusammenwirken am Arbeitsplatz sei nicht mehr möglich.

Überprüfung der außerordentlichen Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB erfolgt in zwei Stufen

Das LArbG Frankfurt prüfte die Rechtmäßigkeit der außerordentlichen Kündigung in Anlehnung an die Rechtsprechung des BAG in zwei Schritten: 1) Es müsse zunächst ein wichtiger Grund vorliegen, der an sich geeignet sei, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, bevor in einem 2) Schritt eine Abwägung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und der Interessen beider Vertragsteile vorzunehmen sei.

Kündigungsschutzklage war erfolgreich – es hätte einer Abmahnung bedurft

Hinsichtlich des wichtigen Grundes schloss sich das Gericht dem Vortrag der Beklagten an und erkannte, dass die Klägerin an einer psychischen Erkrankung litt, die ihr ein sozial adäquates Verhalten schwer bis unmöglich machte. In Bezug auf das zweite Erfordernis befand das Gericht jedoch, genau wie die Vorinstanz, dass die Klägerin zuvor hätte abgemahnt werden müssen. Das Erfordernis der Abmahnung beruhe auf dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der stets zu wahren sei. Die Klägerin hätte zunächst dazu angehalten werden müssen, künftig wieder vertragsgerechte Leistungen zu erbringen. Für den Fall der Zuwiderhandlung hätte die Abmahnung Konsequenzen für Inhalt und Bestand des Arbeitsverhältnisses angedroht. Im vorliegenden Fall hätte die Abmahnung auch Sinn gemacht, da die Klägerin durch die Abmahnung unmissverständlich hätte erkennen können, dass sie die verordnete psychologische Behandlung und Medikation fortzusetzen habe, um durch die ärztliche Behandlung – wie bereits zuvor geschehen – zu einem sozial adäquaten Verhalten zurückfinden zu können. Da die erforderliche Abmahnung der Kündigung nicht vorausgegangen war, gab das LArbG Frankfurt, im Anschluss an die Vorinstanz, der Kündigungsschutzklage statt.
Sehen Sie hierzu auch den Fernsehbeitrag in, ZDF „Volle Kanne“, mit Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Christoph J. Burgmer als Experte zum Thema: „Inhalt und Bedeutung der Abmahnung im Arbeitsrecht“

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